Grupa Media Informacyjne zaprasza do wspólnego budowania nowej jakości    
Nowe Media - Modern News Life    
                                                   
                                                   
   
  TV Radio Foto Time News Maps Sport Moto Econ Tech Kult Home Fash VIP Infor Uroda Hobby Inne Akad Ogło Pobie Rozry Aukc Kata  
     
  Clean jPlayer skin: Example
 
 
     
img1
GMI
Nowe Media

More
img2
BMW DEALER
Kraków ul. Basztowa 17

More
img3
MERCEDES
Wybierz profesjonalne rozwiązania stworzone przez grupę Mercedes

More
img4
Toyota 4 Runner
Samochód w teren jak i miejski.

More
img2
Toyota 4 Runner
Samochód w teren jak i miejski.

More
 
         
         
  GRUPA MEDIA INFORMACYJNE - BIBLIOTEKA GMI
   
COUNTRY:
         
 

 

 
 
Home news
   
Słownik
   
Multimedia
   
Podcast
Wideo
Foto
 
Ogłoszenia
   
Promowane
   
   
 
   
   
   
   
Kontakt
   
 

Adam Nawara - Napisz do Nas: Grupa Media Informacyjne

 
   
 
   
   
 
   
 
   
 
   
 
   
 
   
 
   
 
   
 
   
 
   
 
   
Encyklopedia
Columbus
GMI
 
   
 
Encyklopedie GMI  
 
 

Biblioteka GMI

Witamy w Wirtualnej Bibliotece GMI, którą otwieramy z myślą o wszystkich polskich uczelniach, instytutach naukowych, uczonych i studentach, czytających. Już teraz możemy zagwarantować powszechny bezpłatny dostęp do najważniejszych publikacji naukowych, pisarskich na świecie.

Wirtualna Biblioteka GMI to istotne wsparcie w pracach badawczych, rozwojowych i wdrożeniowych we wszystkich dziedzinach wiedzy i specjalnościach naukowych w Polsce jak i na świecie, a także ważna pomoc dla doktorantów i studentów przygotowujących prace dyplomowe. To również wspaniałe miejsce dla lubiących czytać. Zakres tematyczny jest na tyle szeroki, że z pewnością każdy znajdzie tutaj coś ciekawego dla siebie.

Witamy w Wirtualnej Bibliotece GMI, którą otwieramy z myślą o wszystkich polskich uczelniach, instytutach naukowych, uczonych i studentach, czytających. Już teraz możemy zagwarantować powszechny bezpłatny dostęp do najważniejszych publikacji naukowych, pisarskich na świecie.

Wirtualna Biblioteka GMI to istotne wsparcie w pracach badawczych, rozwojowych i wdrożeniowych we wszystkich dziedzinach wiedzy i specjalnościach naukowych w Polsce jak i na świecie, a także ważna pomoc dla doktorantów i studentów przygotowujących prace dyplomowe. To również wspaniałe miejsce dla lubiących czytać. Zakres tematyczny jest na tyle szeroki, że z pewnością każdy znajdzie tutaj coś ciekawego dla siebie.

GRUPA MEDIA INFORMACYJNE & ADAM NAWARA

 

 
 
  Strona producenta :
www.ppp.com
     
Dokonując zakupu, dokonujesz właściwego wyboru
Grupa Media Informacyjne - Sklep GMI
 
 
 
 
Nasi partnerzy  
   
Zakupy Zakupy Zakupy
000 000 000 000 000 000 000 000 000
Zakupy Zakupy Zakupy
000 000 000 000 000 000 000 000 000
Zakupy Zakupy Zakupy
000 000 000 000 000 000 000 000 000
Zakupy Zakupy Zakupy
000 000 000 000 000 000 000 000 000
Zakupy Zakupy Zakupy
000 000 000 000 000 000 000 000 000
Zakupy Zakupy Zakupy
000 000 000 000 000 000 000 000 000
     
 
 
 
Lektury szkolne
 
 

Heinrich von Kleist

Der zerbrochne Krug
ein Lustspiel

 

PERSONEN
* WALTER, Gerichtsrath
* ADAM, Dorfrichter
* LICHT, Schreiber
* FRAU MARTHE RULL
* EVE, ihre Tochter
* VEIT TÜMPEL, ein Bauer
* RUPRECHT, sein Sohn
* FRAU BRIGITTE
* EIN BEDIENTER, BÜTTEL, MÄDGE, etc.

 

Die Handlung spielt in einem niederländischen Dorfe bei Utrecht.

 

Scene: Die Gerichtsstube

 

ERSTER AUFTRITT

/ ADAM sitzt und verbindet sich ein Bein. /

/ LICHT tritt auf. /

LICHT

Ei, was zum Henker, sagt, Gevatter Adam!
Was ist mit euch geschehn? Wie seht ihr aus?

ADAM

Ja, seht. Zum Straucheln braucht's doch nichts, als Füße.
Auf diesem glatten Boden, ist ein Strauch hier?
Gestrauchelt bin ich hier; denn jeder trägt
Den leid'gen Stein zum Anstoß in sich selbst.

LICHT

Nein, sagt mir, Freund! Den Stein trüg' jeglicher —?

ADAM

Ja, in sich selbst!

LICHT

Verflucht das!

ADAM

Was beliebt?

LICHT

Ihr stammt von einem lockern Ältervater,
Der so beim Anbeginn der Dinge fiel,
Und wegen seines Falls berühmt geworden;
Ihr seid doch nicht —?

ADAM

Nun?

LICHT

Gleichfalls —?

ADAM

Ob ich —? Ich glaube —?
Hier bin ich hingefallen, sag ich euch.

LICHT

Unbildlich hingeschlagen?

ADAM

Ja, unbildlich.
Es mag ein schlechtes Bild gewesen sein.

LICHT

Wann trug sich die Begebenheit denn zu?

ADAM

Jetzt, in dem Augenblick, da ich dem Bett'
Entsteig'. Ich hatte noch das Morgenlied
Im Mund', da stolpr' ich in den Morgen schon,
Und eh' ich noch den Lauf des Tags beginne,
Renkt unser Herrgott mir den Fuß schon aus.

LICHT

Und wohl den linken obenein?

ADAM

Den linken?

LICHT

Hier, den gesetzten?

ADAM

Freilich!

LICHT

Allgerechter!
Der ohnhin schwer den Weg der Sünde wandelt.

ADAM

Der Fuß! Was! Schwer! Warum?

LICHT

Der Klumpfuß?

ADAM

Klumpfuß!
Ein Fuß ist, wie der andere, ein Klumpen.

LICHT

Erlaubt! Da thut ihr eurem rechten Unrecht.
Der rechte kann sich dieser — Wucht nicht rühmen,
Und wagt sich eh'r auf's Schlüpfrige.

ADAM

Ach, was!
Wo sich der Eine hinwagt, folgt der Andre.

LICHT

Und was hat das Gesicht euch so verrenkt?

ADAM

Mir das Gesicht?

LICHT

Wie? Davon wißt ihr nichts?

ADAM

Ich müßt' ein Lügner sein — wie sieht's denn aus?

LICHT

Wie's aussieht?

ADAM

Ja, Gevatterchen.

LICHT

Abscheulich!

ADAM

Erklärt euch deutlicher.

LICHT

Geschunden ist's,
Ein Gräul zu sehn. Ein Stück fehlt von der Wange,
Wie groß? Nicht ohne Waage kann ich's schätzen.

ADAM

Den Teufel auch!

LICHT

/ bringt einen Spiegel. /

Hier! Ueberzeugt euch selbst!
Ein Schaaf, das, eingehetzt von Hunden, sich
Durch Dornen drängt, läßt nicht mehr Wolle sitzen,
Als ihr, Gott weiß wo? Fleisch habt sitzen lassen.

ADAM

Hm! Ja! S' ist wahr. Unlieblich sieht es aus.
Die Nas' hat auch gelitten.

LICHT

Und das Auge.

ADAM

Das Auge nicht, Gevatter.

LICHT

Ei, hier liegt
Querfeld ein Schlag, blutrünstig, straf mich Gott,
Als hätt' ein Großknecht wüthend ihn geführt.

ADAM

Das ist der Augenknochen. — Ja, nun seht,
Das Alles hatt' ich nicht einmal gespürt.

LICHT

Ja, ja! So geht's im Feuer des Gefechts.

ADAM

Gefecht! Was! — Mit dem verfluchten Ziegenbock,
Am Ofen focht' ich, wenn ihr wollt. Jetzt weiß' ich's.
Da ich das Gleichgewicht verlier, und gleichsam
Ertrunken in den Lüften um mich greife,
Fass' ich die Hosen, die ich gestern Abend
Durchnäßt an das Gestell des Ofens hing.
Nun fass ich sie, versteht ihr, denke mich,
Ich Thor, daran zu halten, und nun reißt
Der Bund; Bund jetzt und Hos' und ich, wir stürzen,
Und Häuptlings mit dem Stirnblatt schmettr' ich auf
Den Ofen hin, just wo ein Ziegenbock
Die Nase an der Ecke vorgestreckt.

LICHT

/ lacht. /

Gut, gut.

ADAM

Verdammt!

LICHT

Der erste Adamsfall,
Den ihr aus einem Bett hinaus gethan.

ADAM

Mein Seel! — Doch, was ich sagen wollte, was giebts Neues?

LICHT

Ja, was es Neues giebt! Der Henker hol's,
Hätt' ich's doch bald vergessen.

ADAM

Nun?

LICHT

Macht euch bereit auf unerwarteten
Besuch aus Utrecht.

ADAM

So?

LICHT

Der Herr Gerichtsrath kömmt.

ADAM

Wer kömmt?

LICHT

Der Herr Gerichtsrath Walter kömmt, aus Utrecht.
Er ist in Revisions-Bereisung auf den Ämtern,
Und heut noch trifft er bei uns ein.

ADAM

Noch heut! Seid ihr bei Trost?

LICHT

So wahr ich lebe.
Er war in Holla, auf dem Gränzdorf, gestern,
Hat das Justizamt dort schon revidirt.
Ein Bauer sah zur Fahrt nach Huisum schon
Die Vorspannpferde vor den Wagen schirren.

ADAM

Heut noch, er, der Gerichtsrath, her, aus Utrecht!
Zur Revision, der wackre Mann, der selbst
Sein Schäfchen schiert, dergleichen Fratzen haßt.
Nach Huisum kommen, und uns cujoniren!

LICHT

Kam er bis Holla, kommt er auch bis Huisum.
Nehmt euch in Acht.

ADAM

Ach geht!

LICHT

Ich sag' es euch.

ADAM

Geht mir mit eurem Mährchen, sag' ich euch.

LICHT

Der Bauer hat ihn selbst gesehn, zum Henker.

ADAM

Wer weiß, wen der triefäugige Schuft gesehn.
Die Kerle unterscheiden ein Gesicht
Von einem Hinterkopf nicht, wenn er kahl ist.
Setzt einen Huth dreieckig auf mein Rohr,
Hängt ihm den Mantel um, zwei Stiefeln drunter,
So hält so'n Schubjak ihn für wen ihr wollt.

LICHT

Wohlan so zweifelt fort, ins Teufels Namen,
Bis er zur Thür hier eintritt.

ADAM

Er, eintreten! —
Ohn' uns ein Wort vorher gesteckt zu haben.

LICHT

Der Unverstand! Als ob's der vorige
Revisor noch, der Rath Wacholder, wäre!
Es ist Rath Walter jetzt, der revidirt.

ADAM

Wenn gleich Rath Walter! Geht, laßt mich zufrieden.
Der Mann hat seinen Amtseid ja geschworen,
Und praktisirt, wie wir, nach den
Bestehenden Edikten und Gebräuchen.

LICHT

Nun ich versichr' euch, der Gerichtsrath Walter
Erschien in Holla unvermuthet gestern,
Vis'tirte Kassen und Registraturen,
Und suspendirte Richter dort und Schreiber,
Warum? ich weiß nicht, ab officio.

ADAM

Den Teufel auch? Hat das der Bauer gesagt?

LICHT

Dies und noch mehr —

ADAM

So?

LICHT

Wenn ihr's wissen wollt.
Denn in der Frühe heut sucht man den Richter,
Dem man in seinem Haus' Arrest gegeben,
Und findet hinten in der Scheuer ihn
Am Sparren hoch des Daches aufgehangen.

ADAM

Was sagt ihr?

LICHT

Hülf' inzwischen kommt herbei,
Man lös't ihn ab, man reibt ihn, und begießt ihn,
Ins nackte Leben bringt man ihn zurück.

ADAM

So? Bringt man ihn?

LICHT

Doch jetzo wird versiegelt,
In seinem Haus, vereidet und verschlossen,
Es ist, als wär er eine Leiche schon,
Und auch sein Richteramt ist schon beerbt.

ADAM

Ei, Henker, seht! — Ein liederlicher Hund war's —
Sonst eine ehrliche Haut, so wahr ich lebe,
Ein Kerl, mit dem sich's gut zusammen war;
Doch grausam liederlich, das muß ich sagen.
Wenn der Gerichtsrath heut in Holla war,
So ging's ihm schlecht, dem armen Kauz, das glaub' ich.

LICHT

Und dieser Vorfall einzig, sprach der Bauer,
Sei Schuld, daß der Gerichtsrath noch nicht hier;
Zu Mittag treff' er doch ohnfehlbar ein.

ADAM

Zu Mittag! Gut, Gevatter! Jetzt gilt's Freundschaft.
Ihr wißt, wie sich zwei Hände waschen können.
Ihr wollt auch gern, ich weiß, Dorfrichter werden,
Und ihr verdient's, bei Gott, so gut wie Einer.
Doch heut ist noch nicht die Gelegenheit,
Heut laßt ihr noch den Kelch vorübergehn.

LICHT

Dorfrichter, ich! Was denkt ihr auch von mir?

ADAM

Ihr seid ein Freund von wohlgesetzter Rede,
Und euren Cicero habt ihr studirt
Trotz Einem auf der Schul' in Amsterdam.
Drückt euren Ehrgeitz heut hinunter, hört' ihr?
Es werden wohl sich Fälle noch ergeben,
Wo ihr mit eurer Kunst euch zeigen könnt.

LICHT

Wir zwei Gevatterleute! Geht mir fort.

ADAM

Zu seiner Zeit, ihr wißt's, schwieg auch der große
Demosthenes. Folgt hierin seinem Muster.
Und bin ich König nicht von Macedonien,
Kann ich auf meine Art doch dankbar sein.

LICHT

Geht mir mit eurem Argwohn, sag' ich euch.
Hab ich jemals —?

ADAM

Seht, ich, ich, für mein Theil,
Dem großen Griechen folg' ich auch. Es ließe
Von Depositionen sich und Zinsen
Zuletzt auch eine Rede ausarbeiten:
Wer wollte solche Perioden drehn?

LICHT

Nun, also!

ADAM

Von solchem Vorwurf bin ich rein,
Der Henker hol's! Und alles, was es gilt,
Ein Schwank ist's etwa, der zur Nacht geboren,
Des Tags vorwitz'gen Lichtstrahl scheut.

LICHT

Ich weiß.

ADAM

Mein Seel! Es ist kein Grund, warum ein Richter,
Wenn er nicht auf dem Richtstuhl sitzt,
Soll gravitätisch, wie ein Eisbär, sein.

LICHT

Das sag ich auch.

ADAM

Nun denn, so kommt Gevatter,
Folgt mir ein wenig zur Registratur;
Die Aktenstöße setz' ich auf, denn die,
Die liegen wie der Thurm zu Babylon.

 

ZWEITER AUFTRITT

/ Ein BEDIENTER tritt auf. Die VORIGEN. — Nachher: Zwei MÄGDE. /

DER BEDIENTE

Gott helf, Herr Richter! Der Gerichtsrath Walter
Läßt seinen Gruß vermelden, gleich wird er hier sein.

ADAM

Ei, du gerechter Himmel! Ist er mit Holla
Schon fertig?

DER BEDIENTE

Ja, er ist in Huisum schon.

ADAM

He! Liese! Grete!

LICHT

Ruhig, ruhig jetzt.

ADAM

Gevatterchen!

LICHT

Laßt euern Dank vermelden.

DER BEDIENTE

Und morgen reisen wir nach Hussahe.

ADAM

Was thu ich jetzt? Was laß ich?

/ Er greift nach seinen Kleidern. /

ERSTE MAGD

/ tritt auf. /

Hier bin ich, Herr.

LICHT

Wollt ihr die Hosen anziehn? Seid ihr toll?

ZWEITE MAGD

/ tritt auf. /

Hier bin ich, Herr Dorfrichter.

LICHT

Nehmt den Rock.

ADAM

/ sieht sich um. /

Wer? Der Gerichtsrath?

LICHT

Ach, die Magd ist es.

ADAM

Die Bäffchen! Mantel! Kragen!

ERSTE MAGD

Erst die Weste!

ADAM

Was? — Rock aus! Hurtig!

LICHT

/ zum Bedienten. /

Der Herr Gerichtsrath werden
Hier sehr willkommen sein. Wir sind sogleich
Bereit ihn zu empfangen. Sagt ihm das.

ADAM

Den Teufel auch! Der Richter Adam läßt sich
Entschuldigen.

LICHT

Entschuldigen!

ADAM

Entschuld'gen.
Ist er schon unterwegs etwa?

DER BEDIENTE

Er ist
Im Wirthshaus noch. Er hat den Schmidt bestellt;
Der Wagen ging entzwei.

ADAM

Gut. Mein Empfehl.
Der Schmidt ist faul. Ich ließe mich entschuld'gen.
Ich hätte Hals und Beine fast gebrochen,
Schaut selbst, s' ist ein Spektakel, wie ich ausseh;
Und jeder Schreck purgirt mich von Natur.
Ich wäre krank.

LICHT

Seid ihr bei Sinnen? —
Der Herr Gerichtsrath wär sehr angenehm.
— Wollt ihr?

ADAM

Zum Henker!

LICHT

Was?

ADAM

Der Teufel soll mich holen,
Ist's nicht so gut, als hätt' ich schon ein Pulver!

LICHT

Das fehlt noch, daß ihr auf den Weg ihm leuchtet.

ADAM

Margarethe! he! Der Sack voll Knochen! Liese!

DIE BEIDEN MÄGDE.

Hier sind wir ja. Was wollt ihr?

ADAM

Fort! sag ich.
Kuhkäse, Schinken, Butter, Würste, Flaschen,
Aus der Registratur geschafft! Und flink! —
Du nicht. Die Andere. — Maulaffe! Du, ja!
— Gott's Blitz, Margarethe! Liese soll, die Kuhmagd,
In die Registratur!

/ Die erste Magd geht ab. /

DIE ZWEITE MAGD

Sprecht, soll man euch verstehn!

ADAM

Halt's Maul jetzt, sag' ich —! Fort! schaff mir die Perücke!
Marsch! Aus dem Bücherschrank! Geschwind! Pack dich!

/ Die zweite Magd ab. /

LICHT

/ zum Bedienten. /

Es ist dem Herrn Gerichtsrath, will ich hoffen,
Nichts Böses auf der Reise zugestoßen?

DER BEDIENTE

Je, nun! Wir sind im Hohlweg umgeworfen.

ADAM

Pest! Mein geschundner Fuß! Ich krieg' die Stiefeln —

LICHT

Ei, du mein Himmel! Umgeworfen, sagt ihr?
Doch keinen Schaden weiter —?

DER BEDIENTE

Nichts von Bedeutung.
Der Herr verstauchte sich die Hand ein wenig.
Die Deichsel brach.

ADAM

Daß er den Hals gebrochen!

LICHT

Die Hand verstaucht! Ei, Herr Gott! Kam der Schmidt schon?

DER BEDIENTE

Ja, für die Deichsel.

LICHT

Was?

ADAM

Ihr meint, der Doctor.

LICHT

Was?

DER BEDIENTE

Für die Deichsel?

ADAM

Ach, was! Für die Hand.

DER BEDIENTE

Adies, ihr Herrn. — Ich glaub', die Kerls sind toll.

/ ab. /

LICHT

Den Schmidt meint' ich.

ADAM

Ihr gebt euch bloß, Gevatter.

LICHT

Wie so?

ADAM

Ihr seid verlegen.

LICHT

Was!
DIE ERSTE MAGD tritt auf.
He! Liese!

ADAM

Was hast du da?

ERSTE MAGD

Braunschweiger Wurst, Herr Richter.

ADAM

Das sind Pupillenacten.

LICHT

Ich, verlegen!

ADAM

Die kommen wieder zur Registratur.

ERSTE MAGD

Die Würste?

ADAM

Würste! Was! Der Einschlag hier.

LICHT

Es war ein Mißverständniß.

DIE ZWEITE MAGD

/ tritt auf. /

Im Bücherschrank,
Herr Richter, find ich die Perücke nicht.

ADAM

Warum nicht?

ZWEITE MAGD

Hm! Weil ihr —

ADAM

Nun?

ZWEITE MAGD

Gestern Abend —
Glock eilf —

ADAM

Nun? Werd ich's hören?

ZWEITE MAGD

Ei, ihr kamt ja,
Besinnt euch, ohne die Perück' ins Haus.

ADAM

Ich, ohne die Perücke?

ZWEITE MAGD

In der That.
Da ist die Liese, die's bezeugen kann.
Und Eure andr' ist beim Perückenmacher.

ADAM

Ich wär —?Ich wär —?

ERSTE MAGD

Ja, meiner Treu, Herr Richter Adam!
Kahlköpfig wart ihr, als ihr wiederkamt;
Ihr spracht, ihr wärt gefallen, wißt ihr nicht?
Das Blut mußt ich euch noch vom Kopfe waschen.

ADAM

Die Unverschämte!

ERSTE MAGD

Ich will nicht ehrlich sein.

ADAM

Halt's Maul, sag' ich, es ist kein wahres Wort.

LICHT

Habt ihr die Wund' seit gestern schon?

ADAM

Nein, heut.
Die Wunde heut und gestern die Perücke.
Ich trug sie weiß gepudert auf dem Kopfe,
Und nahm sie mit dem Huth, auf Ehre, bloß,
Als ich ins Haus trat, aus Versehen ab.
Was die gewaschen hat, das weiß ich nicht.
— Scheer dich zum Satan, wo du hingehörst!
In die Registratur!
Erste Magd ab.
Geh, Margarethe!
Gevatter Küster soll mir seine borgen;
In meine hätt' die Katze heute Morgen
Gejungt, das Schwein! Sie läge eingesäuet
Mir unterm Bette da, ich weiß nun schon.

LICHT

Die Katze? Was? Seid ihr —?

ADAM

So wahr ich lebe.
Fünf Junge, gelb und schwarz, und eins ist weiß.
Die schwarzen will ich in der Vecht ersäufen.
Was soll man machen? Wollt ihr eine haben?

LICHT

In die Perücke?

ADAM

Der Teufel soll mich holen!
Ich hatte die Perücke aufgehängt,
Auf einen Stuhl, da ich zu Bette ging,
Den Stuhl berühr' ich in der Nacht, sie fällt —

LICHT

Drauf nimmt die Katze sie ins Maul —

ADAM

Mein Seel —

LICHT

Und trägt sie unter's Bett und jungt darin.

ADAM

In's Maul? Nein —

LICHT

Nicht? Wie sonst?

ADAM

Die Katz'? Ach, was!

LICHT

Nicht? Oder ihr vielleicht?

ADAM

In's Maul! Ich glaube —!
Ich stieß sie mit dem Fuße heut hinunter,
Als ich es sah.

LICHT

Gut, gut.

ADAM

Canaillen die!
Die balzen sich und jungen, wo ein Platz ist.

ZWEITE MAGD

/ kichernd. /

So soll ich hingehn?

ADAM

Ja, und meinen Gruß
An Muhme Schwarzgewand, die Küsterinn.
Ich schickt' ihr die Perücke unversehrt
Noch heut zurück — ihm brauchst du nichts zu sagen.
Verstehst du mich?

ZWEITE MAGD

Ich werd' es schon bestellen.
ab.

 

DRITTER AUFTRITT

/ ADAM und LICHT. /

ADAM

Mir ahndet heut nichts Guts, Gevatter Licht.

LICHT

Warum?

ADAM

Es geht bunt Alles über Ecke mir.
Ist nicht auch heut Gerichtstag?

LICHT

Allerdings.
Die Kläger stehen vor der Thüre schon.

ADAM

— Mir träumt', es hätt' ein Kläger mich ergriffen,
Und schleppte vor den Richtstuhl mich; und ich,
Ich säße gleichwohl auf dem Richtstuhl dort,
Und schält' und hunzt' und schlingelte mich herunter,
Und judicirt' den Hals ins Eisen mir.

LICHT

Wie? Ihr euch selbst?

ADAM

So wahr ich ehrlich bin.
Drauf wurden Beide wir zu Eins, und flohn,
Und mußten in den Fichten übernachten.

LICHT

Nun? Und der Traum meint ihr —?

ADAM

Der Teufel hol's.
Wenn's auch der Traum nicht ist, ein Schabernack,
Sei's, wie es woll', ist wider mich im Werk!

LICHT

Die läpp'sche Furcht! Gebt ihr nur vorschriftsmäßig,
Wenn der Gerichtsrath gegenwärtig ist,
Recht den Partheien auf dem Richterstuhle,
Damit der Traum vom ausgehunzten Richter
Auf andre Art nicht in Erfüllung geht.

 

VIERTER AUFTRITT

/ Der GERICHTSRATH WALTER tritt auf. Die VORIGEN. /

WALTER

Gott grüß euch, Richter Adam.

ADAM

Ei willkommen!
Willkommen, gnäd'ger Herr, in unserm Huisum!
Wer konnte, du gerechter Gott, wer konnte
So freudigen Besuches sich gewärt'gen.
Kein Traum, der heute früh Glock achte noch
Zu solchem Glücke sich versteigen durfte.

WALTER

Ich komm ein wenig schnell, ich weiß; und muß
Auf dieser Reis', in unsrer Staaten Dienst,
Zufrieden sein, wenn meine Wirthe mich
Mit wohlgemeintem Abschiedsgruß entlassen.
Inzwischen ich, was meinen Gruß betrifft,
Ich mein's von Herzen gut, schon wenn ich komme.
Das Obertribunal in Utrecht will
Die Rechtspfleg' auf dem platten Land verbessern,
Die mangelhaft von mancher Seite scheint,
Und strenge Weisung hat der Mißbrauch zu erwarten.
Doch mein Geschäfft auf dieser Reis' ist noch
Ein strenges nicht, sehn soll ich bloß, nicht strafen,
Und find ich gleich nicht Alles, wie es soll,
Ich freue mich, wenn es erträglich ist.

ADAM

Fürwahr, so edle Denkart muß man loben.
Ew. Gnaden werden hie und da, nicht zweifl' ich,
Den alten Brauch im Recht zu tadeln wissen;
Und wenn er in den Niederlanden gleich
Seit Kaiser Karl dem fünften schon besteht:
Was läßt sich in Gedanken nicht erfinden?
Die Welt, sagt unser Sprichwort, wird stets klüger,
Und Alles lies't, ich weiß, den Puffendorff;
Doch Huisum ist ein kleiner Theil der Welt,
Auf den nicht mehr, nicht minder, als sein Theil nur
Kann von der allgemeinen Klugheit kommen.
Klärt die Justiz in Huisum gütigst auf,
Und überzeugt euch, gnäd'ger Herr, ihr habt
Ihr noch sobald den Rücken nicht gekehrt,
Als sie auch völlig euch befried'gen wird;
Doch fändet ihr sie heut im Amte schon,
Wie ihr es wünscht, mein Seel, so wär's ein Wunder,
Da sie nur dunkel weiß noch, was ihr wollt.

WALTER

Es fehlt an Vorschriften, ganz recht. Vielmehr
Es sind zu viel, man wird sie sichten müssen.

ADAM

Ja, durch ein großes Sieb. Viel Spreu! Viel Spreu!

WALTER

Das ist dort der Herr Schreiber?

LICHT

Der Schreiber Licht,
Zu Eurer hohen Gnaden Diensten. Pfingsten
Neun Jahre, daß ich im Justizamt bin.

ADAM

/ bringt einen Stuhl. /

Setzt euch.

WALTER

Laßt sein.

ADAM

Ihr kommt von Holla schon.

WALTER

Zwei kleine Meilen — Woher wißt ihr das?

ADAM

Woher? Ew. Gnaden Diener —

LICHT

Ein Bauer sagt' es,
Der eben jetzt von Holla eingetroffen.

WALTER

Ein Bauer?

ADAM

Aufzuwarten.

WALTER

— Ja! Es trug sich
Dort ein unangenehmer Vorfall zu,
Der mir die heitre Laune störte,
Die in Geschäften uns begleiten soll. —
Ihr werdet davon unterrichtet sein?

ADAM

Wär's wahr, gestrenger Herr? Der Richter Pfaul,
Weil er Arrest in seinem Haus' empfing,
Verzweiflung hätt' den Thoren überrascht,
Er hing sich auf?

WALTER

Und machte Übel ärger.
Was nur Unordnung schien, Verworrenheit,
Nimmt jetzt den Schein an der Veruntreuung,
Die das Gesetz, ihr wißt's, nicht mehr verschont. —
Wie viele Kassen habt ihr?

ADAM

Fünf, zu dienen.

WALTER

Wie, fünf? Ich stand im Wahn — Gefüllte Kassen?
Ich stand im Wahn, daß ihr nur vier —

ADAM

Verzeiht!
Mit der Rhein-Inundations-Collecten-Kasse?

WALTER

Mit der Inundations-Collecten-Kasse!
Doch jetzo ist der Rhein nicht inundirt,
Und die Collecten gehn mithin nicht ein.
— Sagt doch, ihr habt ja wohl Gerichtstag heut?

ADAM

Ob wir —?

WALTER

Was?

LICHT

Ja, den ersten in der Woche.

WALTER

Und jene Schaar von Leuten, die ich draußen
Auf eurem Flure sah, sind das —?

ADAM

Das werden —

LICHT

Die Kläger sind's, die sich bereits versammeln.

WALTER

Gut. Dieser Umstand ist mir lieb, ihr Herren.
Laßt diese Leute, wenn's beliebt, erscheinen.
Ich wohne dem Gerichtsgang bei; ich sehe
Wie er in eurem Huisum üblich ist.
Wir nehmen die Registratur, die Kassen,
Nachher, wenn diese Sache abgethan.

ADAM

Wie ihr befehlt. — Der Büttel! He! Hanfriede!

 

FÜNFTER AUFTRITT

/ Die ZWEITE MAGD tritt auf. Die VORIGEN. /

ZWEITE MAGD

Gruß von Frau Küsterinn, Herr Richter Adam;
So gern sie die Perück' euch auch —

ADAM

Wie? Nicht?

ZWEITE MAGD

Sie sagt, es wäre Morgenpredigt heute;
Der Küster hätte selbst die eine auf,
Und seine andre wäre unbrauchbar,
Sie sollte heut zu dem Perückenmacher.

ADAM

Verflucht!

ZWEITE MAGD

Sobald der Küster wieder kömmt,
Wird sie jedoch sogleich euch seine schicken.

ADAM

Auf meine Ehre, gnäd'ger Herr —

WALTER

Was giebt's?

ADAM

Ein Zufall, ein verwünschter, hat um beide
Perücken mich gebracht. Und jetzt bleibt mir
Die dritte aus, die ich mir leihen wollte:
Ich muß kahlköpfig den Gerichtstag halten.

WALTER

Kahlköpfig!

ADAM

Ja, beim ewigen Gott! So sehr
Ich ohne der Perücke Beistand um
Mein Richteransehn auch verlegen bin.
— Ich müßt' es auf dem Vorwerk noch versuchen,
Ob mir vielleicht der Pächter —?

WALTER

Auf dem Vorwerk!
Kann jemand anders hier im Orte nicht —?

ADAM

Nein, in der That —

WALTER

Der Prediger vielleicht.

ADAM

Der Prediger? Der —

WALTER

Oder Schulmeister.

ADAM

Seit der Sackzehnde abgeschafft, Ew. Gnaden,
Wozu ich hier im Amte mitgewirkt,
Kann ich auf beider Dienste nicht mehr rechnen.

WALTER

Nun, Herr Dorfrichter? Nun? Und der Gerichtstag?
Denkt ihr zu warten, bis die Haar' euch wachsen?

ADAM

Ja, wenn ihr mir erlaubt, schick' ich auf's Vorwerk.

WALTER

— Wie weit ist's auf das Vorwerk?

ADAM

Ei! Ein kleines
Halbstündchen.

WALTER

Eine halbe Stunde, was!
Und Eurer Sitzung Stunde schlug bereits.
Macht fort! Ich muß noch heut nach Hussahe.

ADAM

Macht fort! Ja —

WALTER

Ei, so pudert euch den Kopf ein!
Wo Teufel auch, wo ließt ihr die Perücken?
— Helft euch so gut ihr könnt. Ich habe Eile.

ADAM

Auch das.

DER BÜTTEL

/ tritt auf. /

Hier ist der Büttel!

ADAM

Kann ich inzwischen
Mit einem guten Frühstück, Wurst aus Braunschweig,
Ein Gläschen Danziger etwa —

WALTER

Danke sehr.

ADAM

Ohn' Umständ'!

WALTER

Dank', ihr hört's, hab's schon genossen.
Geht ihr, und nutzt die Zeit, ich brauche sie,
In meinem Büchlein etwas mir zu merken.

ADAM

Nun, wenn ihr so befehlt — Komm, Margarethe!

WALTER

— Ihr seid ja bös' verletzt, Herr Richter Adam.
Seid ihr gefallen?

ADAM

— Hab' einen wahren Mordschlag
Heut früh, als ich dem Bett' entstieg, gethan:
Seht, gnäd'ger Herr Gerichtsrath, einen Schlag
Ins Zimmer hin, ich glaubt' es wär' ins Grab.

WALTER

Das thut mir leid. — Es wird doch weiter nicht
Von Folgen sein?

ADAM

Ich denke nicht. Und auch
In meiner Pflicht soll's weiter mich nicht stören. —
Erlaubt!

WALTER

Geht, geht!

ADAM

/ zum Büttel. /

Die Kläger rufst du — Marsch!

/ Adam, die Magd und der Büttel ab. /

 

SECHSTER AUFTRITT

/ FRAU MARTHE, EVE, VEIT und RUPRECHT treten auf. — WALTER und LICHT im Hintergrunde. /

FRAU MARTHE

Ihr krugzertrümmerndes Gesindel, ihr!
Ihr sollt mir büßen, ihr!

VEIT

Sei sie nur ruhig,
Frau Marth'! Es wird sich Alles hier entscheiden.

FRAU MARTHE

O ja. Entscheiden. Seht doch. Den Klugschwätzer.
Den Krug mir, den zerbrochenen, entscheiden.
Wer wird mir den geschied'nen Krug entscheiden?
Hier wird entschieden werden, daß geschieden
Der Krug mir bleiben soll. Für so'n Schiedsurtheil
Geb' ich noch die geschied'nen Scherben nicht.

VEIT

Wenn sie sich Recht erstreiten kann, sie hört's,
Ersetz' ich ihn.

FRAU MARTHE

Er mir den Krug ersetzen.
Wenn ich mir Recht erstreiten kann, ersetzen.
Setz' er den Krug mal hin, versuch' er's mal,
Setz' er'n mal hin auf das Gesims! Ersetzen!
Den Krug, der kein Gebein zum Stehen hat,
Zum Liegen oder Sitzen hat, ersetzen!

VEIT

Sie hört's! Was geifert sie? Kann man mehr thun?
Wenn Einer ihr von uns den Krug zerbrochen,
Soll sie entschädigt werden.

FRAU MARTHE

Ich entschädigt!
Als ob ein Stück von meinem Hornvieh spräche.
Meint er, daß die Justiz ein Töpfer ist?
Und kämen die Hochmögenden und bänden
Die Schürze vor, und trügen ihn zum Ofen,
Die könnten sonst was in den Krug mir thun,
Als ihn entschädigen. Entschädigen!

RUPRECHT

Laß er sie, Vater. Folg' er mir. Der Drache!
S' ist der zerbrochne Krug nicht, der sie wurmt,
Die Hochzeit ist es, die ein Loch bekommen,
Und mit Gewalt hier denkt sie sie zu flicken.
Ich aber setze noch den Fuß Eins drauf:
Verflucht bin ich, wenn ich die Metze nehme.

FRAU MARTHE

Der eitle Flaps! Die Hochzeit ich hier flicken!
Die Hochzeit, nicht des Flickdrahts, unzerbrochen
Nicht Einen von des Kruges Scherben werth.
Und stünd' die Hochzeit blankgescheuert vor mir,
Wie noch der Krug auf dem Gesimse gestern,
So faßt' ich sie beim Griff jetzt mit den Händen,
Und schlüg' sie gellend ihm am Kopf entzwei,
Nicht aber hier die Scherben möcht' ich flicken!
Sie flicken!

EVE

Ruprecht!

RUPRECHT

Fort du —!

EVE

Liebster Ruprecht!

RUPRECHT

Mir aus den Augen!

EVE

Ich beschwöre dich.

RUPRECHT

Die Lüderliche —! Ich mag nicht sagen, was.

EVE

Laß mich ein einz'ges Wort dir heimlich —

RUPRECHT

Nichts!

EVE

— Du gehst zum Regimente jetzt, o Ruprecht,
Wer weiß, wenn du erst die Muskete trägst,
Ob ich dich je im Leben wieder sehe.
Krieg ist's, bedenke, Krieg, in den du ziehst:
Willst du mit solchem Grolle von mir scheiden?

RUPRECHT

Groll? Nein, bewahr' mich Gott, das will ich nicht.
Gott schenk' dir so viel Wohlergehn, als er
Erübrigen kann. Doch kehrt ich aus dem Kriege
Gesund, mit erzgegoßnem Leib zurück,
Und würd' in Huisum achtzig Jahre alt,
So sagt ich noch im Tode zu dir: Metze!
Du willst's ja selber vor Gericht beschwören.

FRAU MARTHE

/ zu Eve. /

Hinweg! Was sagt' ich dir? Willst du dich noch
Beschimpfen lassen? Der Herr Corporal
Ist was für dich, der würd'ge Holzgebein,
Der seinen Stock im Militair geführt,
Und nicht dort der Maulaffe, der dem Stock
Jetzt seinen Rücken bieten wird. Heut ist
Verlobung, Hochzeit, wäre Taufe heute,
Es wär' mir recht, und mein Begräbniß leid' ich,
Wenn ich dem Hochmuth erst den Kamm zertreten,
Der mir bis an die Krüge schwillet.

EVE

Mutter!
Laßt doch den Krug! Laßt mich doch in der Stadt versuchen,
Ob ein geschickter Handwerksmann die Scherben,
Nicht wieder euch zur Lust zusammenfügt.
Und wär's um ihn geschehn, nehmt meine ganze
Sparbüchse hin, und kauft euch einen neuen.
Wer wollte doch um einen irdnen Krug,
Und stammt er von Herodes Zeiten her,
Solch einen Aufruhr, so viel Unheil stiften.

FRAU MARTHE

Du sprichst, wie du's verstehst. Willst du etwa
Die Fiedel tragen, Evchen, in der Kirche
Am nächsten Sonntag reuig Buße thun?
Dein guter Name lag in diesem Topfe,
Und vor der Welt mit ihm ward er zerstoßen,
Wenn auch vor Gott nicht, und vor mir und dir.
Der Richter ist mein Handwerksmann, der Schergen,
Der Block ist's, Peitschenhiebe, die es braucht,
Und auf den Scheiterhaufen das Gesindel,
Wenn's unsre Ehre weiß zu brennen gilt,
Und diesen Krug hier wieder zu glasiren.

 

SIEBENTER AUFTRITT

/ ADAM im Ornat, doch ohne Perücke, tritt auf. Die VORIGEN. /

ADAM

/ für sich. /

Ei, Evchen. Sieh! Und der vierschröt'ge Schlingel,
Der Ruprecht! Ei, was Teufel, sieh! die ganze Sippschaft!
— Die werden mich doch nicht bei mir verklagen?

EVE

O liebste Mutter, folgt mir, ich beschwör' euch,
Laßt diesem Unglückszimmer uns entfliehen!

ADAM

Gevatter! Sagt mir doch, was bringen die?

LICHT

Was weiß ich? Lärm um nichts; Lappalien.
Es ist ein Krug zerbrochen worden, hör' ich.

ADAM

Ein Krug! So! Ei! — Ei, wer zerbrach den Krug?

LICHT

Wer ihn zerbrochen?

ADAM

Ja, Gevatterchen.

LICHT

Mein Seel, setzt euch: so werdet ihr's erfahren.

ADAM

/ heimlich. /

Evchen!

EVE

/ gleichfalls. /

Geh er.

ADAM

Ein Wort.

EVE

Ich will nichts wissen.

ADAM

Was bringt ihr mir?

EVE

Ich sag' ihm, er soll gehn.

ADAM

Evchen! Ich bitte dich! Was soll mir das bedeuten?

EVE

Wenn er nicht gleich —! Ich sag's ihm, laß er mich.

ADAM

/ zu Licht. /

Gevatter, hört, mein Seel, ich halt's nicht aus.
Die Wund' am Schienbein macht mir Übelkeiten;
Führt ihr die Sach', ich will zu Bette gehn.

LICHT

Zu Bett —? Ihr wollt —? Ich glaub', ihr seid verrückt.

ADAM

Der Henker hol's. Ich muß mich übergeben.

LICHT

Ich glaub, ihr ras't, im Ernst. So eben kommt ihr —?
— Meinethalben. Sagt's dem Herrn Gerichtsrath dort.
Vielleicht erlaubt er's. — Ich weiß nicht, was euch fehlt?

ADAM

/ wieder zu Even. /

Evchen! Ich flehe dich! Um alle Wunden!
Was ist's, das ihr mir bringt?

EVE

Er wird's schon hören.

ADAM

Ist's nur der Krug dort, den die Mutter hält,
Den ich so viel —?

EVE

Ja, der zerbrochne Krug nur.

ADAM

Und weiter nichts?

EVE

Nichts weiter.

ADAM

Nichts? Gewiß nichts?

EVE

Ich sag' ihm, geh er. Laß er mich zufrieden.

ADAM

Hör du, bei Gott, sei klug, ich rath' es dir.

EVE

Er, Unverschämter!

ADAM

In dem Attest steht
Der Nahme jetzt, Fracturschrift, Ruprecht Tümpel.
Hier trag' ich's fix und fertig in der Tasche;
Hörst du es knackern, Evchen? Sieh, das kannst du,
Auf meine Ehr', heut übers Jahr dir holen.
Dir Trauerschürz' und Mieder zuzuschneiden,
Wenn's heißt: der Ruprecht in Batavia
Krepirt' — ich weiß, an welchem Fieber nicht,
War's gelb, war's scharlach, oder war es faul.

WALTER

Sprecht nicht mit den Parthei'n, Herr Richter Adam,
Vor der Session! Hier setzt euch, und befragt sie.

ADAM

Was sagt er? — Was befehlen Ew. Gnaden?

WALTER

Was ich befehl'? — Ich sagte deutlich euch,
Daß ihr nicht heimlich vor der Sitzung sollt
Mit den Parthein zweideut'ge Sprache führen.
Hier ist der Platz, der eurem Amt gebührt,
Und öffentlich Verhör, was ich erwarte.

ADAM

/ für sich. /

Verflucht! Ich kann mich nicht dazu entschließen —!
— Es klirrte etwas, da ich Abschied nahm —

LICHT

/ ihn aufschreckend. /

Herr Richter! Seid ihr —?

ADAM

Ich? Auf Ehre nicht!
Ich hatte sie behutsam drauf gehängt,
Und müßt' ein Ochs gewesen sein —

LICHT

Was?

ADAM

Was?

LICHT

Ich fragte —?

ADAM

Ihr fragtet, ob ich —?

LICHT

Ob ihr taub seid, fragt' ich.
Dort Sr. Gnaden haben euch gerufen.

ADAM

Ich glaubte —? Wer ruft?

LICHT

Der Herr Gerichtsrath dort.

ADAM

/ für sich. /

Ei! Hol's der Henker auch! Zwei Fälle giebt's,
Mein Seel, nicht mehr, und wenn's nicht biegt, so bricht's.
— Gleich! Gleich! Gleich! Was befehlen Ew. Gnaden?
Soll jetzt die Procedur beginnen?

WALTER

Ihr seid ja sonderbar zerstreut. Was fehlt euch?

ADAM

— Auf Ehr'! Verzeiht. Es hat ein Perlhuhn mir,
Das ich von einem Indienfahrer kaufte,
Den Pips: ich soll es nudeln, und versteh's nicht,
Und fragte dort die Jungfer bloß um Rath.
Ich bin ein Narr in solchen Dingen, seht,
Und meine Hühner nenn' ich meine Kinder.

WALTER

Hier. Setzt euch. Ruft den Kläger und vernehmt ihn.
Und ihr, Herr Schreiber, führt das Protokoll.

ADAM

Befehlen Ew. Gnaden den Proceß
Nach den Formalitäten, oder so,
Wie er in Huisum üblich ist, zu halten?

WALTER

Nach den gesetzlichen Formalitäten,
Wie er in Huisum üblich ist, nicht anders.

ADAM

Gut, gut. Ich werd' euch zu bedienen wissen.
Seid ihr bereit, Herr Schreiber?

LICHT

Zu euren Diensten.

ADAM

— So nimm, Gerechtigkeit, denn deinen Lauf!
Klägere trete vor.

FRAU MARTHE

Hier, Herr Dorfrichter!

ADAM

Wer seyd ihr?

FRAU MARTHE

Wer —?

ADAM

Ihr.

FRAU MARTHE

Wer ich —?

ADAM

Wer ihr seid!
Wes Namens, Standes, Wohnorts, und so weiter.

FRAU MARTHE

Ich glaub', er spaßt, Herr Richter.

ADAM

Spaßen, was!
Ich sitz' im Namen der Justiz, Frau Marthe,
Und die Justiz muß wissen, wer ihr seid.

LICHT

/ halb laut. /

Laßt doch die sonderbare Frag' —

FRAU MARTHE

Ihr guckt
Mir alle Sonntag in die Fenster ja,
Wenn ihr auf's Vorwerk geht!

WALTER

Kennt ihr die Frau?

ADAM

Sie wohnt hier um die Ecke, Ew. Gnaden,
Wenn man den Fußsteig durch die Hecken geht;
Wittw' eines Kastellans, Hebamme jetzt,
Sonst eine ehrliche Frau, von gutem Rufe.

WALTER

Wenn ihr so unterrichtet seid, Herr Richter,
So sind dergleichen Fragen überflüßig.
Setzt ihren Namen in das Protokoll,
Und schreibt dabei: dem Amte wohlbekannt.

ADAM

Auch das. Ihr seid nicht für Formalitäten.
Thut so, wie Sr. Gnaden anbefohlen.

WALTER

Fragt nach dem Gegenstand der Klage jetzt.

ADAM

Jetzt soll ich —?

WALTER

Ja, den Gegenstand ermitteln!

ADAM

Das ist gleichfalls ein Krug, verzeiht.

WALTER

Wie? Gleichfalls!

ADAM

Ein Krug. Ein bloßer Krug. Setzt einen Krug,
Und schreibt dabei: dem Amte wohlbekannt.

LICHT

Auf meine hingeworfene Vermuthung
Wollt ihr, Herr Richter —?

ADAM

Mein Seel, wenn ich's euch sage,
So schreibt ihrs hin. Ist's nicht ein Krug, Frau Marthe?

FRAU MARTHE

Ja, hier der Krug —

ADAM

Da habt ihr's.

FRAU MARTHE

Der zerbrochne —

ADAM

Pedantische Bedenklichkeit.

LICHT

Ich bitt' euch —

ADAM

Und wer zerbrach den Krug? Gewiß der Schlingel —?

FRAU MARTHE

Ja, er, der Schlingel dort —

ADAM

/ für sich. /

Mehr brauch ich nicht.

RUPRECHT

Das ist nicht wahr, Herr Richter.

ADAM

/ für sich. /

Auf, aufgelebt, du alter Adam!

RUPRECHT

Das lügt sie in den Hals hinein —

ADAM

Schweig, Maulaffe!
Du steckst den Hals noch früh genug in's Eisen.
— Setzt einen Krug, Herr Schreiber, wie gesagt,
Zusammt dem Namen dess', der ihn zerschlagen.
Jetzt wird die Sache gleich ermittelt sein.

WALTER

Herr Richter! Ei! Welch' ein gewaltsames Verfahren.

ADAM

Wie so?

LICHT

Wollt ihr nicht förmlich —?

ADAM

Nein! sag' ich;
Ihr Gnaden lieben Förmlichkeiten nicht.

WALTER

Wenn ihr die Instruction, Herr Richter Adam,
Nicht des Prozesses einzuleiten wißt,
Ist hier der Ort jetzt nicht, es euch zu lehren.
Wenn ihr Recht anders nicht, als so, könnt geben,
So tretet ab: vielleicht kann's euer Schreiber.

ADAM

Erlaubt! Ich gab's, wie's hier in Huisum üblich;
Ew. Gnaden haben's also mir befohlen.

WALTER

Ich hätt' —?

ADAM

Auf meine Ehre!

WALTER

Ich befahl euch,
Recht hier nach den Gesetzen zu ertheilen;
Und hier in Huisum glaubt' ich die Gesetze,
Wie anderswo in den vereinten Staaten.

ADAM

Da muß submiß ich um Verzeihung bitten!
Wir haben hier, mit Ew. Erlaubniß,
Statuten, eigenthümliche, in Huisum,
Nicht aufgeschriebene, muß ich gestehn, doch durch
Bewährte Tradition uns überliefert.
Von dieser Form, getrau ich mir zu hoffen,
Bin ich noch heut kein Jota abgewichen.
Doch auch in eurer andern Form bin ich,
Wie sie im Reich mag üblich sein, zu Hause.
Verlangt ihr den Beweis? Wohlan, befehlt!
Ich kann Recht so jetzt, jetzo so ertheilen.

WALTER

Ihr gebt mir schlechte Meinungen, Herr Richter.
Es sei. Ihr fangt von vorn die Sache an. —

ADAM

Auf Ehr'! Gebt Acht, ihr sollt zufrieden sein.
— Frau Marthe Rull! Bringt eure Klage vor.

FRAU MARTHE

Ich klag', ihr wißt's, hier wegen dieses Krugs;
Jedoch vergönnt, daß ich, bevor ich melde
Was diesem Krug geschehen, auch beschreibe
Was er vorher mir war.

ADAM

Das Reden ist an euch.

FRAU MARTHE

Seht ihr den Krug, ihr werthgeschätzten Herren?
Seht ihr den Krug?

ADAM

O ja, wir sehen ihn.

FRAU MARTHE

Nichts seht ihr, mit Verlaub, die Scherben seht ihr;
Der Krüge schönster ist entzwei geschlagen.
Hier grade auf dem Loch, wo jetzo nichts,
Sind die gesammten niederländischen Provinzen
Dem span'schen Philipp übergeben worden.
Hier im Ornat stand Kaiser Carl der fünfte:
Von dem seht ihr nur noch die Beine stehn.
Hier kniete Philipp, und empfing die Krone:
Der liegt im Topf, bis auf den Hintertheil,
Und auch noch der hat einen Stoß empfangen.
Dort wischten seine beiden Muhmen sich,
Der Franzen und der Ungarn Königinnen,
Gerührt die Augen aus; wenn man die Eine
Die Hand noch mit dem Tuch empor sieht heben,
So ist's, als weinete sie über sich.
Hier im Gefolge stützt sich Philibert,
Für den den Stoß der Kaiser aufgefangen,
Noch auf das Schwerdt; doch jetzo müßt' er fallen,
So gut wie Maximilian: der Schlingel!
Die Schwerdter unten jetzt sind weggeschlagen.
Hier in der Mitte, mit der heil'gen Mütze,
Sah man den Erzbischof von Arras stehn;
Den hat der Teufel ganz und gar geholt,
Sein Schatten nur fällt lang noch übers Pflaster.
Hier standen rings, im Grunde, Leibtrabanten,
Mit Hellebarden, dicht gedrängt, und Spießen,
Hier Häuser, seht, vom großen Markt zu Brüssel,
Hier guckt noch ein Neugier'ger aus dem Fenster:
Doch was er jetzo sieht, das weiß ich nicht.

ADAM

Frau Marth! Erlaßt uns das zerscherbte Pactum,
Wenn es zur Sache nicht gehört.
Uns geht das Loch — nichts die Provinzen an,
Die darauf übergeben worden sind.

FRAU MARTHE

Erlaubt! Wie schön der Krug, gehört zur Sache! —
Den Krug erbeutete sich Childerich,
Der Kesselflicker, als Oranien
Briel mit den Wassergeusen überrumpelte.
Ihn hatt' ein Spanier, gefüllt mit Wein,
Just an den Mund gesetzt, als Childerich
Den Spanier von hinten niederwarf,
Den Krug ergriff, ihn leert', und weiter ging.

ADAM

Ein würd'ger Wassergeuse.

FRAU MARTHE

Hierauf vererbte
Der Krug auf Fürchtegott, den Todtengräber;
Der trank zu dreimal nur, der Nüchterne,
Und stets vermischt mit Wasser aus dem Krug.
Das erstemal, als er im Sechzigsten
Ein junges Weib sich nahm; drei Jahre drauf,
Als sie noch glücklich ihn zum Vater machte;
Und als sie jetzt noch funfzehn Kinder zeugte,
Trank er zum drittenmale, als sie starb.

ADAM

Gut. Das ist auch nicht übel.

FRAU MARTHE

Drauf fiel der Krug
An den Zachäus, Schneider in Tirlemont,
Der meinem seel'gen Mann, was ich euch jetzt
Berichten will, mit eignem Mund erzählt.
Der warf, als die Franzosen plünderten,
Den Krug, samt allem Hausrath, aus dem Fenster,
Sprang selbst, und brach den Hals, der Ungeschickte,
Und dieser irdne Krug, der Krug von Thon,
Auf's Bein kam er zu stehen, und blieb ganz.

ADAM

Zur Sache, wenn's beliebt, Frau Marthe Rull! Zur Sache!

FRAU MARTHE

Drauf in der Feuersbrunst von Sechs und sechszig,
Da hatt' ihn schon mein Mann, Gott hab' ihn selig —

ADAM

Zum Teufel! Weib! So seid ihr noch nicht fertig?

FRAU MARTHE

— Wenn ich nicht reden soll, Herr Richter Adam,
So bin ich unnütz hier, so will ich gehn,
Und ein Gericht mir suchen, das mich hört.

WALTER

Ihr sollt hier reden: doch von Dingen nicht,
Die eurer Klage fremd. Wenn ihr uns sagt,
Daß jener Krug euch werth, so wissen wir
So viel, als wir zum Richten hier gebrauchen.

FRAU MARTHE

Wie viel ihr brauchen möget, hier zu richten,
Das weiß ich nicht, und untersuch' es nicht;
Das aber weiß ich, daß ich, um zu klagen,
Muß vor euch sagen dürfen, über was.

WALTER

Gut denn. Zum Schluß jetzt. Was geschah dem Krug?
Was? — Was geschah dem Krug im Feuer
Von Anno sechs und sechszig? Wird man's hören?
Was ist dem Krug geschehn?

FRAU MARTHE

Was ihm geschehen?
Nichts ist dem Krug, ich bitt' euch sehr, ihr Herren,
Nichts Anno sechs und sechszig ihm geschehen.
Ganz blieb der Krug, ganz in der Flammen Mitte,
Und aus des Hauses Asche zog ich ihn
Hervor, glasirt, am andern Morgen, glänzend,
Als käm' er eben aus dem Töpferofen.

WALTER

Nun gut. Nun kennen wir den Krug. Nun wissen
Wir Alles, was dem Krug geschehn, was nicht.
Was giebt's jetzt weiter?

FRAU MARTHE

Nun diesen Krug jetzt seht — den Krug,
Zertrümmert einen Krug noch werth, den Krug
Für eines Fräuleins Mund, die Lippe selbst,
Nicht der Frau Erbstatthalterin zu schlecht,
Den Krug, ihr hohen Herren Richter beide,
Den Krug hat jener Schlingel mir zerbrochen.

ADAM

Wer?

FRAU MARTHE

Er, der Ruprecht dort.

RUPRECHT

Das ist gelogen,
Herr Richter.

ADAM

Schweig' er, bis man ihn fragen wird.
Auch heut an ihn noch wird die Reihe kommen.
— Habt ihr's im Protocoll bemerkt?

LICHT

O ja.

ADAM

Erzählt den Hergang, würdige Frau Marthe.

FRAU MARTHE

Es war Uhr eilfe gestern —

ADAM

Wann, sagt ihr?

FRAU MARTHE

Uhr eilf.

ADAM

Am Morgen!

FRAU MARTHE

Nein, verzeiht am Abend,
Und schon die Lamp' im Bette wollt' ich löschen,
Als laute Männerstimmen, ein Tumult,
In meiner Tochter abgelegnen Kammer,
Als ob der Feind einbräche, mich erschreckt.
Geschwind' die Trepp' eil' ich hinab, ich finde
Die Kammerthür gewaltsam eingesprengt,
Schimpfreden schallen wüthend mir entgegen,
Und da ich mir den Auftritt jetzt beleuchte,
Was find' ich jetzt, Herr Richter, was jetzt find' ich?
Den Krug find' ich zerscherbt im Zimmer liegen,
In jedem Winkel liegt ein Stück,
Das Mädchen ringt die Händ', und er der Flaps dort,
Der trotzt, wie toll, euch in des Zimmers Mitte.

ADAM

Ei, Wetter!

FRAU MARTHE

Was?

ADAM

Sieh da, Frau Marthe!

FRAU MARTHE

Ja! —
Drauf ist's, als ob in so gerechtem Zorn,
Mir noch zehn Arme wüchsen, jeglichen
Fühl' ich mir wie ein Geier ausgerüstet.
Ihn stell' ich dort zu Rede, was er hier
In später Nacht zu suchen, mir die Krüge
Des Hauses tobend einzuschlagen habe:
Und er, zur Antwort giebt er mir, jetzt rathet?
Der Unverschämte! Der Halunke, der!
Aufs Rad will ich ihn sehen, oder mich
Nicht mehr geduldig auf den Rücken legen:
Er spricht, es hab' ein Anderer den Krug
Vom Sims' gestürzt — ein Anderer, ich bitt' euch,
Der vor ihm aus der Kammer nur entwichen;
— Und überhäuft mit Schimpf mir da das Mädchen.

ADAM

O! faule Fische — Hierauf?

FRAU MARTHE

Auf dies Wort
Seh' ich das Mädchen fragend an; die steht
Gleich einer Leiche da, ich sage: Eve! —
Sie setzt sich; ist's ein Anderer gewesen,
Frag' ich? Und Joseph und Marie, ruft sie,
Was denkt ihr Mutter auch? — So sprich! Wer war's?
Wer sonst, sagt sie, — und wer auch konnt' es anders?
Und schwört mir zu, daß er's gewesen ist.

EVE

Was schwor ich euch? Was hab' ich euch geschworen?
Nichts schwor ich, nichts euch —

FRAU MARTHE

Eve!

EVE

Nein! Dies lügt ihr. —

RUPRECHT

Da hört ihr's.

ADAM

Hund, jetzt, verfluchter, schweig,
Soll hier die Faust den Rachen dir noch stopfen!
Nachher ist Zeit für dich, nicht jetzt.

FRAU MARTHE

Du hättest nicht —?

EVE

Nein, Mutter! Dies verfälscht ihr.
Seht, leid thut's in der That mir tief zur Seele,
Daß ich es öffentlich erklären muß:
Doch nichts schwor ich, nichts, nichts hab' ich geschworen.

ADAM

Seid doch vernünftig, Kinder.

LICHT

Das ist ja seltsam.

FRAU MARTHE

Du hättest mir, o Eve, nicht versichert?
Nicht Joseph und Marie angerufen?

EVE

Beim Schwur nicht! Schwörend nicht! Seht dies jetzt schwör' ich,
Und Joseph und Maria ruf ich an.

ADAM

Ei, Leutchen! Ei, Frau Marthe! Was auch macht sie?
Wie schüchtert sie das gute Kind auch ein.
Wenn sich die Jungfer wird besonnen haben,
Erinnert ruhig dessen, was geschehen,
— Ich sage, was geschehen ist, und was,
Spricht sie nicht, wie sie soll, geschehn noch kann:
Gebt Acht, so sagt sie heut uns aus, wie gestern,
Gleichviel, ob sie's beschwören kann ob nicht.
Laßt Joseph und Maria aus dem Spiele.

WALTER

Nicht doch, Herr Richter, nicht! Wer wollte den
Partheien so zweideut'ge Lehren geben.

FRAU MARTHE

Wenn sie in's Angesicht mir sagen kann,
Schamlos, die liederliche Dirne, die,
Daß es ein Andrer, als der Ruprecht war,
So mag meinetwegen sie — ich mag nicht sagen, was.
Ich aber, ich versichr' es euch, Herr Richter,
Und kann ich gleich nicht, daß sie's schwor, behaupten,
Daß sie's gesagt hat gestern, das beschwör' ich,
Und Joseph und Maria ruf' ich an.

ADAM

Nun weiter will ja auch die Jungfer —

WALTER

Herr Richter!

ADAM

Ew. Gnaden? — Was sagt er? Nicht, Herzens-Evchen?

FRAU MARTHE

Heraus damit! Hast du's mir nicht gesagt?
Hast du's mir gestern nicht, mir nicht gesagt?

EVE

Wer läugnet euch, daß ich's gesagt —

ADAM

Da habt ihr's.

RUPRECHT

Die Metze, die!

ADAM

Schreibt auf.

VEIT

Pfui, schäm' sie sich.

WALTER

Von eurer Aufführung, Herr Richter Adam,
Weiß ich nicht, was ich denken soll. Wenn ihr selbst
Den Krug zerschlagen hättet, könntet ihr
Von euch ab den Verdacht nicht eifriger
Hinwälzen auf den jungen Mann, als jetzt. —
Ihr setzt nicht mehr ins Protokoll, Herr Schreiber,
Als nur der Jungfer Eingeständniß, hoff' ich,
Vom gestrigen Geständniß, nicht vom Facto.
— Ist's an die Jungfer jetzt schon auszusagen?

ADAM

Mein Seel, wenn's ihre Reihe noch nicht ist,
In solchen Dingen irrt der Mensch, Ew. Gnaden.
Wen hätt' ich fragen sollen jetzt? Beklagten?
Auf Ehr'! Ich nehme gute Lehre an.

WALTER

Wie unbefangen! — Ja, fragt den Beklagten.
Fragt, macht ein Ende, fragt, ich bitt' euch sehr:
Dies ist die letzte Sache, die ihr führt.

ADAM

Die letzte! Was! Ei freilich! Den Beklagten!
Wohin auch, alter Richter, dachtest du?
Verflucht, das pips'ge Perlhuhn mir! Daß es
Krepirt wär an der Pest in Indien!
Stets liegt der Kloß von Nudeln mir im Sinn.

WALTER

Was liegt? Was für ein Kloß liegt euch —?

ADAM

Der Nudelkloß,
Verzeiht, den ich dem Huhne geben soll.
Schluckt mir das Aas die Pille nicht herunter,
Mein Seel, so weiß ich nicht, wie's werden wird.

WALTER

Thut eure Schuldigkeit, sag ich, zum Henker!

ADAM

Beklagter trete vor.

RUPRECHT

Hier, Herr Dorfrichter.
Ruprecht, Veits des Kossäthen Sohn, aus Huisum.

ADAM

Vernahm er dort, was vor Gericht so eben
Frau Marthe gegen ihn hat angebracht?

RUPRECHT

Ja, Herr Dorfrichter, das hab' ich.

ADAM

Getraut er sich
Etwas dagegen aufzubringen, was?
Bekennt er, oder unterfängt er sich,
Hier wie ein gottvergeßner Mensch zu läugnen?

RUPRECHT

Was ich dagegen aufzubringen habe,
Herr Richter? Ei! Mit euerer Erlaubniß,
Daß sie kein wahres Wort gesprochen hat.

ADAM

So? Und das denkt er zu beweisen?

RUPRECHT

O ja.

ADAM

Die würdige Frau Marthe, die.
Beruhige sie sich. Es wird sich finden.

WALTER

Was geht ihn die Frau Marthe an, Herr Richter?

ADAM

Was mir —? Bei Gott! Soll ich als Christ —?

WALTER

Bericht'
Er, was er für sich anzuführen hat. —
Herr Schreiber, wißt ihr den Prozeß zu führen?

ADAM

Ach, was!

LICHT

Ob ich — ei nun, wenn Ew. Gnaden —

ADAM

Was glotzt er da? Was hat er aufzubringen?
Steht nicht der Esel, wie ein Ochse, da?
Was hat er aufzubringen?

RUPRECHT

Was ich aufzubringen?

WALTER

Er ja, er soll den Hergang jetzt erzählen.

RUPRECHT

Mein Seel', wenn man zu Wort mich kommen ließe.

WALTER

S' ist in der That, Herr Richter, nicht zu dulden.

RUPRECHT

Glock zehn Uhr mogt' es etwa sein zu Nacht, —
Und warm, just diese Nacht des Januars
Wie Mai, als ich zum Vater sage: Vater!
Ich will ein Bissel noch zur Eve gehn.
Denn heuren wollt' ich sie, das müßt ihr wissen,
Ein rüstig Mädel ist's, ich hab's beim Erndten
Gesehn, wo Alles von der Faust ihr ging,
Und ihr das Heu man flog, als wie gemaus't.
Das sagt' ich: willst du? Und sie sagte: ach!
Was du da gakelst. Und nachher sagt' sie, ja.

ADAM

Bleib er bei seiner Sache. Gakeln! Was!
Ich sagte, willst du? Und sie sagte, ja.

RUPRECHT

Ja, meiner Treu, Herr Richter.

WALTER

Weiter! Weiter!

RUPRECHT

Nun —
Da sagt' ich: Vater, hört er? Laß er mich.
Wir schwatzen noch am Fenster was zusammen.
Na, sagt er, lauf; bleibst du auch draußen, sagt er?
Ja, meiner Seel', sag' ich, das ist geschworen.
Na, sagt' er, lauf, um eilfe bist du hier.

ADAM

Na, so sag' du, und gakle, und kein Ende.
Na, hat er bald sich ausgesagt?

RUPRECHT

Na, sag' ich,
Das ist ein Wort, und setz' die Mütze auf,
Und geh; und über'n Steig will ich, und muß
Durch's Dorf zurückgehn, weil der Bach geschwollen.
Ei, alle Wetter, denk' ich, Ruprecht, Schlag!
Nun ist die Gartenthür bei Marthens zu:
Denn bis um zehn läßt's Mädel sie nur offen,
Wenn ich um zehn nicht da bin, komm ich nicht.

ADAM

Die liederliche Wirthschaft, die.

WALTER

Drauf weiter?

RUPRECHT

Drauf — wie ich über'n Lindengang mich näh're,
Bei Marthens, wo die Reihen dicht gewölbt,
Und dunkel, wie der Dom zu Utrecht, sind,
Hör' ich die Gartenthüre fernher knarren.
Sieh da! Da ist die Eve noch! sag' ich,
Und schicke freudig euch, von wo die Ohren
Mir Kundschaft brachten, meine Augen nach —
— Und schelte sie, da sie mir wiederkommen,
Für blind, und schicke auf der Stelle sie
Zum zweitenmal, sich besser umzusehen,
Und schimpfe sie nichtswürdige Verläumder,
Aufhetzer, niederträcht'ge Ohrenbläser,
Und schicke sie zum drittenmal, und denke,
Sie werden, weil sie ihre Pflicht gethan,
Unwillig los sich aus dem Kopf mir reißen,
Und sich in einen andern Dienst begeben:
Die Eve ist's, am Latz erkenn ich sie,
Und Einer ist's noch obenein.

ADAM

So? Einer noch? Und wer, er Klugschwätzer?

RUPRECHT

Wer? Ja, mein Seel, da fragt ihr mich —

ADAM

Nun also!
Und nicht gefangen, denk ich, nicht gehangen.

WALTER

Fort! Weiter in der Rede! Laßt ihn doch!
Was unterbrecht ihr ihn, Herr Dorfrichter?

RUPRECHT

Ich kann das Abendmal darauf nicht nehmen,
Stockfinster war's, und alle Katzen grau.
Doch müßt ihr wissen, daß der Flickschuster,
Der Lebrecht, den man kürzlich losgesprochen,
Dem Mädel längst mir auf die Fährte ging.
Ich sagte vor'gen Herbst schon: Eve, höre,
Der Schuft schleicht mir um's Haus, das mag ich nicht;
Sag' ihm, daß du kein Braten bist für ihn,
Mein Seel', sonst werf ich ihn vom Hof herunter.
Die spricht: Ich glaub', du schierst mich, sagt ihm was,
Das ist nicht hin, nicht her, nicht Fisch, nicht Fleisch:
Drauf geh ich hin und werf' den Schlingel herunter.

ADAM

So? Lebrecht heißt der Kerl?

RUPRECHT

Ja, Lebrecht.

ADAM

Gut.
Das ist ein Nam'. Es wird sich Alles finden.
— Habt ihr's bemerkt im Protokoll, Herr Schreiber?

LICHT

O ja, und Alles Andere, Herr Richter.

ADAM

Sprich weiter, Ruprecht, jetzt, mein Sohn.

RUPRECHT

Nun schießt,
Da ich Glock eilf das Pärchen hier begegne,
— Glock zehn Uhr zog ich immer ab — das Blatt mir.
Ich denke, halt, jetzt ist's noch Zeit, o Ruprecht,
Noch wachsen dir die Hirschgeweihe nicht: —
Hier mußt du sorgsam dir die Stirn befühlen,
Ob dir von fern hornartig etwas keimt.
Und drücke sacht mich durch die Gartenpforte,
Und berg' in einen Strauch von Taxus mich:
Und hör euch ein Gefispre hier, ein Scherzen,
Ein Zerren hin, Herr Richter, Zerren her,
Mein Seel, ich denk', ich soll vor Lust —

EVE

Du Bös'wicht!
Was das, o schändlich ist von dir!

FRAU MARTHE

Hallunke!
Dir weis' ich noch einmal, wenn wir allein sind,
Die Zähne! Wart! Du weißt noch nicht, wo mir
Die Haare wachsen! Du sollst's erfahren!

RUPRECHT

Ein Viertelstündchen dauert's so, ich denke,
Was wird's doch werden, ist doch heut nicht Hochzeit?
Und eh' ich den Gedanken ausgedacht,
Husch! sind sie beid' in's Haus schon, vor dem Pastor.

EVE

Geht, Mutter, mag es werden, wie es will —

ADAM

Schweig du mir dort, rath' ich, das Donnerwetter
Schlägt über dich ein, unberufne Schwätzerin!
Wart, bis ich auf zur Red' dich rufen werde.

WALTER

Sehr sonderbar, bei Gott!

RUPRECHT

Jetzt hebt, Herr Richter Adam,
Jetzt hebt sich's, wie ein Blutsturz, mir. Luft!
Da mir der Knopf am Brustlatz springt: Luft jetzt!
Und reiße mir den Latz auf: Luft jetzt sag' ich!
Und geh, und drück, und tret' und donnere,
Da ich der Dirne Thür, verriegelt finde,
Gestemmt, mit Macht, auf einen Tritt, sie ein.

ADAM

Blitzjunge, du!

RUPRECHT

Just da sie auf jetzt rasselt,
Stürzt dort der Krug vom Sims ins Zimmer hin,
Und husch! springt Einer aus dem Fenster euch:
Ich seh die Schöße noch vom Rocke wehn.

ADAM

War das der Leberecht?

RUPRECHT

Wer sonst, Herr Richter?
Das Mädchen steht, die werf' ich über'n Haufen,
Zum Fenster eil' ich hin, und find' den Kerl
Noch in den Pfählen hangen, am Spalier,
Wo sich das Weinlaub aufrankt bis zum Dach.
Und da die Klinke in der Hand mir blieb,
Als ich die Thür eindonnerte, so reiß' ich
Jetzt mit dem Stahl Eins pfundschwer über'n Detz ihm:
Den just, Herr Richter, konnt' ich noch erreichen.

ADAM

Wars eine Klinke?

RUPRECHT

Was?

ADAM

Ob's —

RUPRECHT

Ja, die Thürklinke.

ADAM

Darum.

LICHT

Ihr glaubtet wohl, es war ein Degen?

ADAM

Ein Degen? Ich — wie so?

RUPRECHT

Ein Degen!

LICHT

Je nun!
Man kann sich wohl verhören. Eine Klinke
Hat sehr viel Ähnlichkeit mit einem Degen.

ADAM

Ich glaub' —!

LICHT

Bei meiner Treu! Der Stiel, Herr Richter?

ADAM

Der Stiel!

RUPRECHT

Der Stiel! Der wars nun aber nicht.
Der Klinke umgekehrtes Ende war's.

ADAM

Das umgekehrte Ende war's der Klinke!

LICHT

So! So!

RUPRECHT

Doch auf dem Griffe lag ein Klumpen
Blei, wie ein Degengriff, das muß ich sagen.

ADAM

Ja, wie ein Griff.

LICHT

Gut. Wie ein Degengriff.
Doch irgend eine tücksche Waffe mußt' es
Gewesen sein. Das wußt' ich wohl.

WALTER

Zur Sache stets, ihr Herrn, doch! Zur Sache!

ADAM

Nichts als Allotrien, Herr Schreiber! — Er, weiter!

RUPRECHT

Jetzt stürzt der Kerl, und ich schon will mich wenden,
Als ich's im Dunkeln auf sich rappeln sehe.
Ich denke, lebst du noch? und steig auf's Fenster
Und will dem Kerl das Gehen unten legen:
Als jetzt, ihr Herrn, da ich zum Sprung just aushol',
Mir eine Handvoll grobgekörnten Sandes —
— Und Kerl und Nacht und Welt und Fensterbrett,
Worauf ich steh, denk' ich nicht, straf mich Gott,
Das Alles fällt in einen Sack zusammen —
Wie Hagel, stiebend, in die Augen fliegt.

ADAM

Verflucht! Sieh da! Wer that das?

RUPRECHT

Wer? Der Lebrecht.

ADAM

Hallunke!

RUPRECHT

Meiner Treu! Wenn er's gewesen.

ADAM

Wer sonst!

RUPRECHT

Als stürzte mich ein Schlossenregen
Von eines Bergs zehn Klaftern hohen Abhang,
So schlag' ich jetzt vom Fenster euch ins Zimmer:
Ich denk' ich schmettere den Boden ein.
Nun brech' ich mir den Hals doch nicht, auch nicht
Das Kreuz mir, Hüften, oder sonst, inzwischen
Konnt' ich des Kerls doch nicht mehr habhaft werden,
Und sitze auf, und wische mir die Augen.
Die kommt, und ach, Herr Gott! ruft sie, und Ruprecht!
Was ist dir auch? Mein Seel', ich hob den Fuß,
Gut war's, daß ich nicht sah, wohin ich stieß.

ADAM

Kam das vom Sande noch?

RUPRECHT

Vom Sandwurf, ja.

ADAM

Verdammt! Der traf!

RUPRECHT

Da ich jetzt aufersteh'
Was sollt' ich auch die Fäuste hier mir schänden?
So schimpf' ich sie, und sage liederliche Metze,
Und denke, das ist gut genug für sie.
Doch Thränen, seht, ersticken mir die Sprache.
Denn da Frau Marthe jetzt in's Zimmer tritt,
Die Lampe hebt, und ich das Mädchen dort
Jetzt schlotternd, zum Erbarmen vor mir sehe,
Sie, die so herzhaft sonst wohl um sich sah,
So sag' ich zu mir, blind ist auch nicht übel.
Ich hätte meine Augen hingegeben,
Knippkügelchen, wer will, damit zu spielen.

EVE

Er ist nicht werth, der Bös'wicht —

ADAM

Sie soll schweigen.

RUPRECHT

Das Weitre wißt ihr.

ADAM

Wie, das Weitere?

RUPRECHT

Nun ja, Frau Marthe kam, und geiferte,
Und Ralf, der Nachbar, kam, und Hinz, der Nachbar,
Und Muhme Sus' und Muhme Liese kamen,
Und Knecht und Mägd' und Hund' und Katzen kamen,
S' war ein Spektakel, und Frau Marthe fragte
Die Jungfer dort, wer ihr den Krug zerschlagen,
Und die, die sprach, ihr wißt's, daß ich's gewesen.
Mein Seel', sie hat so Unrecht nicht, ihr Herren.
Den Krug, den sie zu Wasser trug, zerschlug ich,
Und der Flickschuster hat im Kopf ein Loch. —

ADAM

Frau Marthe! Was entgegnet ihr der Rede?
Sagt an!

FRAU MARTHE

Was ich der Red entgegene?
Daß sie, Herr Richter, wie der Marder einbricht,
Und Wahrheit wie ein gakelnd Huhn erwürgt.
Was Recht liebt, sollte zu den Keulen greifen,
Um dieses Ungethüm der Nacht zu tilgen.

ADAM

Da wird sie den Beweis uns führen müssen.

FRAU MARTHE

O ja, sehr gern. Hier ist mein Zeuge. — Rede!

ADAM

Die Tochter? Nein, Frau Marthe.

WALTER

Nein? Warum nicht?

ADAM

Als Zeuginn, gnäd'ger Herr? Steht im Gesetzbuch
Nicht titulo, ist's quarto? oder quinto?
Wenn Krüge oder sonst, was weiß ich?
Von jungen Bengeln sind zerschlagen worden,
So zeugen Töchter ihren Müttern nicht?

WALTER

In eurem Kopf liegt Wissenschaft und Irrthum
Geknetet, innig, wie ein Teig, zusammen;
Mit jedem Schnitte gebt ihr mir von beidem.
Die Jungfer zeugt noch nicht, sie deklarirt jetzt;
Ob, und für wen, sie zeugen will und kann,
Wird erst aus der Erklärung sich ergeben.

ADAM

Ja, deklariren. Gut. Titulo sexto.
Doch was sie sagt, das glaubt man nicht.

WALTER

Tritt vor, mein junges Kind.

ADAM

He! Lis' —! — Erlaubt!
Die Zunge wird sehr trocken mir — Margrethe!

 

ACHTER AUFTRITT

/ Eine MAGD tritt auf. Die VORIGEN. /

ADAM

Ein Glas mit Wasser! —

DIE MAGD

Gleich!

ADAM

Kann ich euch gleichfalls —?

WALTER

Ich danke.

ADAM

Franz? oder Mos'ler? Was ihr wollt.

WALTER

/ verneigt sich; die Magd bringt Wasser und entfernt sich. /

 

NEUNTER AUFTRITT

/ WALTER, ADAM, FRAU MARTHE u. s. w. ohne die MAGD. /

ADAM

— Wenn ich freimüthig reden darf, Ihr Gnaden,
Die Sache eignet gut sich zum Vergleich.

WALTER

Sich zum Vergleich? Das ist nicht klar, Herr Richter.
Vernünft'ge Leute können sich vergleichen;
Doch wie ihr den Vergleich schon wollt bewirken,
Da noch durchaus die Sache nicht entworren,
Das hätt' ich wohl von euch zu hören Lust.
Wie denkt ihr's anzustellen, sagt mir an?
Habt ihr ein Urtheil schon gefaßt?

ADAM

Mein Seel!
Wenn ich, da das Gesetz im Stich mich läßt,
Philosophie zu Hülfe nehmen soll,
So war's — der Leberecht —

WALTER

Wer?

ADAM

Oder Ruprecht —

WALTER

Wer?

ADAM

Oder Lebrecht, der den Krug zerschlug.

WALTER

Wer also war's? Der Lebrecht oder Ruprecht?
Ihr greift, ich seh, mit eurem Urtheil ein,
Wie eine Hand in einen Sack voll Erbsen.

ADAM

Erlaubt!

WALTER

Schweigt, schweigt, ich bitt' euch.

ADAM

Wie ihr wollt.
Auf meine Ehr, mir wär's vollkommen recht,
Wenn sie es alle beid' gewesen wären.

WALTER

Fragt dort, so werdet ihr's erfahren.

ADAM

Sehr gern.
Doch wenn ihr's heraus bekommt, bin ich ein Schuft.
— Habt ihr das Protokoll da in Bereitschaft?

LICHT

Vollkommen.

ADAM

Gut.

LICHT

Und brech' ein eignes Blatt mir,
Begierig, was darauf zu stehen kommt.

ADAM

Ein eignes Blatt? Auch gut.

WALTER

Sprich dort, mein Kind.

ADAM

Sprich, Evchen, hörst du, sprich jetzt, Jungfer Evchen!
Gieb Gotte, hörst du, Herzchen, gieb, mein Seel,
Ihm und der Welt, gieb ihm was von der Wahrheit.
Denk, daß du hier vor Gottes Richtstuhl bist,
Und daß du deinen Richter nicht mit Läugnen,
Und Plappern, was zur Sache nicht gehört,
Betrüben mußt. Ach, was! Du bist vernünftig.
Ein Richter immer, weißt du, ist ein Richter,
Und Einer braucht ihn heut, und Einer morgen.
Sagst du, daß es der Lebrecht war: nun gut;
Und sagst du, daß es Ruprecht war: auch gut!
Sprich so, sprich so, ich bin kein ehrlicher Kerl,
Es wird sich Alles, wie du's wünschest finden.
Willst du mir hier von einem andern trätschen,
Und dritten etwa, dumme Namen nennen:
Sieh, Kind, nimm dich in Acht, ich sag' nichts weiter.
In Huisum, hol's der Henker, glaubt dir's keiner,
Und Keiner, Evchen, in den Niederlanden,
Du weißt, die weißen Wände zeugen nicht,
Der auch wird zu vertheidigen sich wissen:
Und deinen Ruprecht holt die Schwerenoth!

WALTER

Wenn ihr doch eure Reden lassen wolltet.
Geschwätz, gehauen nicht und nicht gestochen.

ADAM

Verstehen's Ew. Gnaden nicht?

WALTER

Macht fort!
Ihr habt zulängst hier auf dem Stuhl gesprochen.

ADAM

Auf Ehr! Ich habe nicht studirt, Ew. Gnaden.
Bin ich euch Herrn aus Utrecht nicht verständlich,
Mit diesem Volk vielleicht verhält sich's anders:
Die Jungfer weiß, ich wette, was ich will.

FRAU MARTHE

Was soll das? Dreist heraus jetzt mit der Sprache!

EVE

O liebste Mutter!

FRAU MARTHE

Du —! Ich rathe dir!

RUPRECHT

Mein Seel, 's ist schwer, Frau Marthe, dreist zu sprechen,
Wenn das Gewissen an der Kehl' uns sitzt.

ADAM

Schweig' er jetzt, Nas'weis, mucks' er nicht.

FRAU MARTHE

Wer war's?

EVE

O Jesus!

FRAU MARTHE

Maulaffe, der! Der niederträchtige!
O Jesus! Als ob sie eine Hure wäre.
War's der Herr Jesus?

ADAM

Frau Marthe! Unvernunft!
Was das für —! Laß sie die Jungfer doch gewähren!
Das Kind einschrecken — Hure — Schaafsgesicht!
So wird's uns nichts. Sie wird sich schon besinnen.

RUPRECHT

O ja, besinnen.

ADAM

Flaps dort, schweig er jetzt.

RUPRECHT

Der Flickschuster wird ihr schon einfallen.

ADAM

Der Satan! Ruft den Büttel! He! Hanfriede!

RUPRECHT

Nun, nun! Ich schweig', Herr Richter, laßt's nur sein.
Sie wird euch schon auf meinen Nahmen kommen.

FRAU MARTHE

Hör du, mach mir hier kein Spektakel, sag' ich.
Hör, neun und vierzig bin ich alt geworden
In Ehren: funfzig möcht' ich gern erleben.
Den dritten Februar ist mein Geburtstag;
Heut ist der erste. Mach es kurz. Wer war's?

ADAM

Gut, meinethalben! Gut, Frau Marthe Rull!

FRAU MARTHE

Der Vater sprach, als er verschied: Hör', Marthe,
Dem Mädel schaff mir einen wackern Mann;
Und wird sie eine liederliche Metze,
So gieb dem Todtengräber einen Groschen,
Und laß mich wieder auf den Rücken legen:
Mein Seel, ich glaub ich kehr' im Grab mich um.

ADAM

Nun, das ist auch nicht übel.

FRAU MARTHE

Willst du Vater
Und Mutter jetzt, mein Evchen, nach dem vierten
Gebot hoch ehren, gut, so sprich: in meine Kammer
Ließ ich den Schuster, oder einen dritten,
Hörst du? Der Bräut'gam aber war es nicht.

RUPRECHT

Sie jammert mich. Laßt doch den Krug, ich bitt' euch;
Ich will'n nach Utrecht tragen. Solch' ein Krug —
Ich wollt' ich hätt' ihn nur entzwei geschlagen.

EVE

Unedelmüth'ger, du! Pfui, schäme dich,
Daß du nicht sagst, gut, ich zerschlug den Krug!
Pfui, Ruprecht, pfui, o schäme dich, daß du
Mir nicht in meiner That vertrauen kannst.
Gab' ich die Hand dir nicht, und sagte, ja,
Als du mich fragtest, Eve, willst du mich?
Meinst du, daß du den Flickschuster nicht werth bist?
Und hättest du durch's Schlüsselloch mich mit
Dem Lebrecht aus dem Kruge trinken sehen,
Du hättest denken sollen: Ev' ist brav,
Es wird sich alles ihr zum Ruhme lösen,
Und ist's im Leben nicht, so ist es jenseits,
Und wenn wir auferstehn ist auch ein Tag.

RUPRECHT

Mein Seel, das dauert mir zu lange, Evchen.
Was ich mit Händen greife, glaub' ich gern.

EVE

Gesetzt, es wär der Leberecht gewesen,
Warum — des Todes will ich ewig sterben,
Hätt' ich's dir Einzigem nicht gleich vertraut;
Jedoch warum vor Nachbarn, Knecht und Mägden —
Gesetzt, ich hätte Grund, es zu verbergen,
Warum, o Ruprecht, sprich, warum nicht sollt' ich,
Auf dein Vertraun hin sagen, daß du's warst?
Warum nicht sollt' ich's? Warum sollt' ich's nicht?

RUPRECHT

Ei, so zum Henker, sag's, es ist mir Recht,
Wenn du die Fiedel dir ersparen kannst.

EVE

O du Abscheulicher! Du Undankbarer!
Werth, daß ich mir die Fiedel spare! Werth,
Daß ich mit einem Wort zu Ehren mich,
Und dich in ewiges Verderben bringe.

WALTER

Nun —? Und dies einz'ge Wort —? Halt uns nicht auf.
Der Ruprecht also war es nicht?

EVE

Nein gnäd'ger Herr, weil ers denn selbst so will,
Um seinetwillen nur verschwieg ich es:
Den irdnen Krug zerschlug der Ruprecht nicht,
Wenn er's euch selber läugnet, könnt ihr's glauben.

FRAU MARTHE

Eve! Der Ruprecht nicht?

EVE

Nein, Mutter, nein!
Und wenn ich's gestern sagte, war's gelogen.

FRAU MARTHE

Hör, dir zerschlag' ich alle Knochen!

/ Sie setzt den Krug nieder. /

EVE

Thut, was ihr wollt.

WALTER

/ drohend. /

Frau Marthe!

ADAM

FRAU MARTHE

War es der Lebrecht etwa? War's der Lebrecht?

ADAM

Sprich, Evchen, war's der Lebrecht nicht, mein Herzchen?

EVE

Er Unverschämter, er! Er Niederträcht'ger!
Wie kann er sagen, daß es Lebrecht —

WALTER

Jungfer!
Was untersteht sie sich? Ist das mir der
Respekt, den sie dem Richter schuldig ist?

EVE

Ei, was! Der Richter dort! Werth, selbst vor dem
Gericht, ein armer Sünder, dazustehn —
— Er, der wohl besser weiß, wer es gewesen!
sich zum Dorfrichter wendend:
Hat er den Lebrecht in die Stadt nicht gestern
Geschickt nach Utrecht, vor die Commission,
Mit dem Attest, der die Rekruten aushebt?
Wie kann er sagen, daß es Lebrecht war,
Wenn er wohl weiß, daß der in Utrecht ist?

ADAM

Nun wer denn sonst? Wenn's Lebrecht nicht, zum Henker —
Nicht Ruprecht ist, nicht Lebrecht ist — — Was machst du?

RUPRECHT

Mein Seel', Herr Richter Adam, laßt euch sagen,
Hierin mag doch die Jungfer just nicht lügen,
Dem Lebrecht bin ich selbst begegnet gestern,
Als er nach Utrecht ging, früh war's Glock acht,
Und wenn er auf ein Fuhrwerk sich nicht lud,
Hat sich der Kerl, krummbeinig wie er ist,
Glock zehn Uhr Nachts noch nicht zurück gehaspelt.
Es kann ein dritter wohl gewesen sein.

ADAM

Ach, was! Krummbeinig! Schaafsgesicht! Der Kerl
Geht seinen Stiefel, der, trotz Einem.
Ich will von ungespaltnem Leibe sein,
Wenn nicht ein Schäferhund von mäß'ger Größe
Muß seinen Trab gehn, mit ihm fortzukommen.

WALTER

Erzähl' den Hergang uns.

ADAM

Verzeih'n Ew. Gnaden!
Hierauf wird euch die Jungfer schwerlich dienen.

WALTER

Nicht dienen? Mir nicht dienen? Und warum nicht?

ADAM

Ein twatsches Kind. Ihr seht's. Gut, aber twatsch.
Blutjung, gefirmelt kaum; das schämt sich noch,
Wenn's einen Bart von weitem sieht. So'n Volk,
Im Finstern leiden sie's, und wenn es Tag wird,
So läugnen sie's vor ihrem Richter ab.

WALTER

Ihr seid sehr nachsichtsvoll, Herr Richter Adam,
Sehr mild, in allem, was die Jungfer angeht.

ADAM

Die Wahrheit euch zu sagen, Herr Gerichtsrath,
Ihr Vater war ein guter Freund von mir.
Wollen Ew. Gnaden heute huldreich sein,
So thun wir hier nicht mehr, als unsre Pflicht,
Und lassen seine Tochter gehn.

WALTER

Ich spüre große Lust in mir, Herr Richter,
Der Sache völlig auf den Grund zu kommen. —
Sei dreist, mein Kind; sag, wer den Krug zerschlagen.
Vor niemand stehst du, in dem Augenblick,
Der einen Fehltritt nicht verzeihen könnte.

EVE

Mein lieber, würdiger und gnäd'ger Herr,
Erlaßt mir, euch den Hergang zu erzählen.
Von dieser Weig'rung denkt uneben nicht.
Es ist des Himmels wunderbare Fügung,
Die mir den Mund in dieser Sache schließt.
Daß Ruprecht jenen Krug nicht traf, will ich
Mit einem Eid, wenn ihr's verlangt,
Auf heiligem Altar bekräftigen.
Jedoch die gestrige Begebenheit,
Mit jedem andern Zuge, ist mein eigen,
Und nicht das ganze Garnstück kann die Mutter,
Um eines einz'gen Fadens willen, fordern,
Der, ihr gehörig, durch's Gewebe läuft.
Ich kann hier, wer den Krug zerschlug, nicht melden,
Geheimnisse, die nicht mein Eigenthum,
Müßt' ich, dem Kruge völlig fremd, berühren.
Früh oder spät, will ich's ihr anvertrauen,
Doch hier das Tribunal ist nicht der Ort,
Wo sie das Recht hat, mich darnach zu fragen.

ADAM

Nein, Rechtens nicht. Auf meine Ehre nicht.
Die Jungfer weiß, wo unsre Zäume hängen.
Wenn sie den Eid hier vor Gericht will schwören,
So fällt der Mutter Klage weg:
Dagegen ist nichts weiter einzuwenden.

WALTER

Was sagt zu der Erklärung sie, Frau Marthe?

FRAU MARTHE

Wenn ich gleich was Erkleckliches nicht aufbring',
Gestrenger Herr, so glaubt, ich bitt' euch sehr,
Daß mir der Schlag bloß jetzt die Zunge lähmte.
Beispiele giebts, daß ein verlohrner Mensch,
Um vor der Welt zu Ehren sich zu bringen,
Den Meineid vor dem Richtstuhle wagt; doch daß
Ein falscher Eid sich schwören kann, auf heil'gem
Altar, um an den Pranger hinzukommen,
Das heut erfährt die Welt zum erstenmal.
Wär', daß ein Andrer, als der Ruprecht sich
In ihre Kammer gestern schlich, gegründet,
Wär's überall nur möglich, gnäd'ger Herr,
Versteht mich wohl, — so säumt ich hier nicht länger.
Den Stuhl setzt' ich, zur ersten Einrichtung,
Ihr vor die Thür', und sagte, geh, mein Kind,
Die Welt ist weit, da zahlst du keine Miethe,
Und lange Haare hast du auch geerbt,
Woran du dich, kommt Zeit, kommt Rath, kannst hängen.

WALTER

Ruhig, ruhig, Frau Marthe.

FRAU MARTHE

Da ich jedoch
Hier den Beweis noch anders führen kann,
Als bloß durch sie, die diesen Dienst mir weigert,
Und überzeugt bin völlig, daß nur er
Mir, und kein Anderer den Krug zerschlug,
So bringt die Lust, es kurz hin abzuschwören,
Mich noch auf einen schändlichen Verdacht.
Die Nacht von gestern birgt ein anderes
Verbrechen noch, als bloß die Krugverwüstung.
Ich muß euch sagen, gnäd'ger Herr, daß Ruprecht
Zur Conscription gehört, in wenig Tagen
Soll er den Eid zur Fahn' in Utrecht schwören.
Die jungen Landessöhne reißen aus.
Gesetzt, er hätte gestern Nacht gesagt:
Was meinst du, Evchen? Komm. Die Welt ist groß.
Zu Kist' und Kasten hast du ja die Schlüssel —
Und sie, sie hätt' ein wenig sich gesperrt:
So hätte ohngefähr, da ich sie störte,
— Bei ihm aus Rach', aus Liebe noch bei ihr —
Der Rest, so wie geschehn, erfolgen können.

RUPRECHT

Das Rabenaas! Was das für Reden sind!
Zu Kist' und Kasten —

WALTER

Still!

EVE

Er, austreten!

WALTER

Zur Sache hier. Vom Krug ist hier die Rede. —
Beweis, Beweis, daß Ruprecht ihn zerbrach!

FRAU MARTHE

Gut, gnäd'ger Herr. Erst will ich hier beweisen,
Daß Ruprecht mir den Krug zerschlug,
Und dann will ich im Hause untersuchen. —
Seht eine Zunge, die mir Zeugniß redet,
Bring' ich für jedes Wort auf, das er sagte,
Und hätt' in Reihen gleich sie aufgeführt,
Wenn ich von fern geahndet nur, daß diese
Die ihrige für mich nicht brauchen würde.
Doch wenn ihr Frau Brigitte jetzo ruft,
Die ihm die Muhm' ist, so genügt mir die,
Weil die den Hauptpunkt just bestreiten wird.
Denn die, die hat Glock halb auf eilf im Garten,
Merkt wohl, bevor der Krug zertrümmert worden,
Wortwechselnd mit der Ev' ihn schon getroffen;
Und wie die Fabel, die er aufgestellt,
Vom Kopf zu Fuß dadurch gespalten wird,
Durch diese einz'ge Zung', ihr hohen Richter,
Das überlaß' ich selbst euch einzusehn.

RUPRECHT

Wer hat mich —?

VEIT

Schwester Briggy?

RUPRECHT

Mich mit Ev'? Im Garten?

FRAU MARTHE

Ihn mit der Ev', im Garten, Glock halb eilf,
Bevor er noch, wie er geschwätzt, um eilf
Das Zimmer überrumpelnd eingesprengt:
Im Wortgewechsel, kosend bald, bald zerrend,
Als wollt' er sie zu etwas überreden.

ADAM

/ für sich. /

Verflucht! Der Teufel ist mir gut.

WALTER

Schafft diese Frau herbei.

RUPRECHT

Ihr Herrn, ich bitt' euch:
Das ist kein wahres Wort, das ist nicht möglich.

ADAM

O wart, Hallunke! — He! Der Büttel! Hanfried! —
Denn auf der Flucht zerschlagen sich die Krüge —
— Herr Schreiber, geht, schafft Frau Brigitt' herbei!

VEIT

Hör, du verfluchter Schlingel, du, was machst du?
Dir brech ich alle Knochen noch.

RUPRECHT

Weshalb auch?

VEIT

Warum verschwiegst du, daß du mit der Dirne
Glock halb eilf im Garten schon scharwenzt?
Warum verschwiegst du's?

RUPRECHT

Warum ich's verschwieg?
Gott's Schlag und Donner, weil's nicht wahr ist, Vater!
Wenn das die Muhme Briggy zeugt, so hängt mich.
Und bei den Beinen sie meinthalb dazu.

VEIT

Wenn aber sie's bezeugt — nimm dich in Acht!
Du und die saub're Jungfer Eve dort,
Wie ihr auch vor Gericht euch stellt, ihr steckt
Doch unter einer Decke noch. S' ist irgend
Ein schändliches Geheimniß noch, von dem
Sie weiß, und nur aus Schonung hier nichts sagt.

RUPRECHT

Geheimniß? Welches?

VEIT

Warum hast du eingepackt?
He? Warum hast du gestern Abend eingepackt?

RUPRECHT

Die Sachen?

VEIT

Röcke, Hosen, ja, und Wäsche;
Ein Bündel, wie's ein Reisender just auf
Die Schultern wirft?

RUPRECHT

Weil ich nach Utrecht soll!
Weil ich zum Regiment soll! Himmel-Donner —!
Glaubt er, daß ich —?

VEIT

Nach Utrecht? Ja, nach Utrecht!
Du hast geeilt, nach Utrecht hinzukommen!
Vorgestern wußtest du noch nicht, ob du
Den fünften oder sechsten Tag wirst reisen.

WALTER

Weiß er zur Sache was zu melden, Vater?

VEIT

— Gestrenger Herr, ich will noch nichts behaupten.
Ich war daheim, als sich der Krug zerschlug,
Und auch von einer andern Unternehmung
Hab' ich, die Wahrheit zu gestehn, noch nichts,
Wenn ich jedweden Umstand wohl erwäge,
Das meinen Sohn verdächtig macht, bemerkt.
Von seiner Unschuld völlig überzeugt,
Kam ich hieher, nach abgemachtem Streit
Sein ehelich Verlöbniß aufzulösen,
Und ihm das Silberkettlein einzufordern,
Zusamt dem Schaupfennig, den er der Jungfer
Bei dem Verlöbniß vor'gen Herbst verehrt.
Wenn jetzt von Flucht was, und Verrätherei
An meinem grauen Haar zu Tage kommt,
So ist mir das so neu, ihr Herrn, als euch:
Doch dann der Teufel soll den Hals ihm brechen.

WALTER

Schafft Frau Brigitt' herbei, Herr Richter Adam.

ADAM

— Wird Ew. Gnaden diese Sache nicht
Ermüden? Sie zieht sich in die Länge.
Ew. Gnaden haben meine Kassen noch,
Und die Registratur — Was ist die Glocke?

LICHT

Es schlug so eben halb.

ADAM

Auf eilf?

LICHT

Verzeiht, auf zwölfe.

WALTER

Gleichviel.

ADAM

Ich glaub', die Zeit ist, oder ihr verrückt.
er sieht nach der Uhr.
Ich bin kein ehrlicher Mann. — Ja, was befehlt ihr?

WALTER

Ich bin der Meinung —

ADAM

Abzuschließen? Gut —!

WALTER

Erlaubt! Ich bin der Meinung, fortzufahren.

ADAM

Ihr seid der Meinung — Auch gut. Sonst würd' ich
Auf Ehre, morgen früh, Glock neun, die Sache,
Zu euerer Zufriedenheit beend'igen.

WALTER

Ihr wißt um meinen Willen.

ADAM

Wie ihr befehlt.
Herr Schreiber, schickt die Büttel ab; sie sollen
Sogleich ins Amt die Frau Brigitte laden.

WALTER

Und nehmt euch — Zeit, die mir viel werth, zu sparen —
Gefälligst selbst der Sach' ein wenig an.

/ Licht ab. /

 

ZEHNTER AUFTRITT

/ Die VORIGEN ohne LICHT. Späterhin Einige MÄGDE. /

ADAM

/ aufstehend. /

Inzwischen könnte man, wenn's so gefällig,
Vom Sitze sich ein wenig lüften —?

WALTER

Hm! O ja.
Was ich sagen wollt' —

ADAM

Erlaubt ihr gleichfalls,
Daß die Parthei'n, bis Frau Brigitt' erscheint —?

WALTER

Was? Die Parthei'n?

ADAM

Ja, vor die Thür, wenn ihr —

WALTER

/ für sich. /

Verwünscht!
laut.
Herr Richter Adam, wißt ihr was?
Gebt ein Glas Wein mir in der Zwischenzeit.

ADAM

Von ganzem Herzen gern. He! Margarethe!
Ihr macht mich glücklich, gnäd'ger Herr. — Margrethe!

/ Die Magd tritt auf. /

DIE MAGD

Hier.

ADAM

Was befehlt ihr! — Tretet ab, ihr Leute.
Franz? — Auf den Vorsaal draußen. — Oder Rhein?

WALTER

Von unserm Rhein.

ADAM

Gut. — Bis ich rufe. Marsch!

WALTER

Wohin?

ADAM

Geh, vom Versiegelten, Margrethe! —
Was? Auf den Flur bloß draußen. — Hier. — Der Schlüssel.

WALTER

Hm! Bleibt.

ADAM

Fort! Marsch, sag ich! — Geh, Margarethe!
Und Butter, frisch gestampft, Käs' auch aus Limburg,
Und von der fetten pommerschen Räuchergans.

WALTER

Halt! Einen Augenblick! Macht nicht so viel
Umständ', ich bitt euch sehr, Herr Richter.

ADAM

Schert
Zum Teufel euch, sag' ich! Thu, wie ich sagte.

WALTER

Schickt ihr die Leute fort, Herr Richter?

ADAM

Ew. Gnaden?

WALTER

Ob ihr —?

ADAM

Sie treten ab, wenn ihr erlaubt.
Bloß ab, bis Frau Brigitt' erscheint.
Wie, oder soll's nicht etwa —?

WALTER

Hm! Wie ihr wollt.
Doch ob's der Mühe sich verlohnen wird?
Meint ihr, daß es so lange Zeit wird währen,
Bis man im Ort sie trifft?

ADAM

S' ist heute Holztag,
Gestrenger Herr. Die Weiber größtentheils
Sind in den Fichten, Sträucher einzusammeln.
Es könnte leicht —

RUPRECHT

Die Muhme ist zu Hause.

WALTER

Zu Haus'. Laßt sein.

RUPRECHT

Die wird sogleich erscheinen.

WALTER

Die wird uns gleich erscheinen. Schafft den Wein.

ADAM

/ für sich. /

Verflucht!

WALTER

Macht fort. Doch nichts zum Imbiß, bitt ich,
Als ein Stück trocknen Brodes nur, und Salz.

ADAM

/ für sich. /

Zwei Augenblicke mit der Dirn' allein —
laut..
Ach, trocknes Brod! Was! Salz! Geht doch.

WALTER

Gewiß.

ADAM

Ei, ein Stück Käs' aus Limburg — mindstens Käse —
Macht erst geschickt die Zunge, Wein, zu schmekken.

WALTER

Gut. Ein Stück Käse denn, doch weiter nichts.

ADAM

So geh. Und weiß, von Damast, aufgedeckt.
Schlecht alles zwar, doch recht.
Die Magd ab.
Das ist der Vortheil
Von uns verrufnen hagestolzen Leuten,
Daß wir, was Andre knapp und kummervoll,
Mit Weib und Kindern täglich theilen müssen,
Mit einem Freunde zur gelegnen Stunde,
Vollauf genießen.

WALTER

Was ich sagen wollte —
Wie kamt ihr doch zu eurer Wund', Herr Richter?
Das ist ein böses Loch, fürwahr, im Kopf, das!

ADAM

— Ich fiel.

WALTER

Ihr fielt. Hm! So. Wann? Gestern Abend?

ADAM

Heut, Glock halb sechs, verzeiht, am Morgen, früh,
Da ich so eben aus dem Bette stieg.

WALTER

Worüber?

ADAM

Über — gnäd'ger Herr Gerichtsrath,
Die Wahrheit euch zu sagen, über mich.
Ich schlug euch häuptlings an den Ofen nieder,
Bis diese Stunde weiß ich nicht, warum?

WALTER

Von hinten?

ADAM

Wie? Von hinten —

WALTER

Oder vorn?
Ihr habt zwo Wunden, vorne ein' und hinten.

ADAM

Von vorn und hinten. Margarethe!

/ DIE BEIDEN MÄGDE mit Wein u. s. w. Sie decken auf, und gehen wieder ab. /

WALTER

Wie?

ADAM

Erst so, dann so. Erst auf die Ofenkante,
Die vorn die Stirn mir einstieß, und sodann
Vom Ofen rückwärts auf den Boden wieder,
Wo ich mir noch den Hinterkopf zerschlug.
Er schenkt ein.
Ist's Euch gefällig?

WALTER

/ nimmt das Glas. /

Hättet ihr ein Weib,
So würd' ich wunderliche Dinge glauben,
Herr Richter.

ADAM

Wie so?

WALTER

Ja, bei meiner Treu,
So rings seh' ich zerkritzt euch und zerkratzt.

ADAM

/ lacht. /

Nein, Gott sei Dank! Fraunnägel sind es nicht.

WALTER

Glaub's. Auch ein Vortheil noch der Hagestolzen.

ADAM

/ fortlachend. /

Strauchwerk, für Seidenwürmer, das man trocknend
Mir an dem Ofenwinkel aufgesetzt. —
Auf euer Wohlergehn!

/ Sie trinken. /

WALTER

Und grad' auch heut
Noch die Perücke seltsam einzubüßen!
Die hätt' euch eure Wunden noch bedeckt.

ADAM

Ja, ja. Jedwedes Übel ist ein Zwilling. —
Hier — von dem fetten jetzt — kann ich —?

WALTER

Ein Stückchen.
Aus Limburg?

ADAM

Rect' aus Limburg, gnäd'ger Herr.

WALTER

— Wie Teufel aber, sagt mir, ging das zu?

ADAM

Was?

WALTER

Daß ihr die Perücke eingebüßt.

ADAM

Ja, seht. Ich sitz' und lese gestern Abend
Ein Actenstück, und weil ich mir die Brille
Verlegt, duck' ich so tief mich in den Streit,
Daß bei der Kerze Flamme lichterloh
Mir die Perücke angeht. Ich, ich denke,
Feu'r fällt vom Himmel auf mein sündig Haupt,
Und greife sie, und will sie von mir werfen;
Doch eh ich noch das Nackenband gelößt,
Brennt sie wie Sodom und Gomorrha schon.
Kaum daß ich die drei Haare noch mir rette.

WALTER

Verwünscht! Und eure andre ist in der Stadt.

ADAM

Bei dem Perückenmacher. — Doch zur Sache.

WALTER

Nicht allzurasch, ich bitt', Herr Richter Adam.

ADAM

Ei, was! Die Stunde rollt. Ein Gläschen hier.

/ er schenkt ein. /

WALTER

Der Lebrecht — wenn der Kauz dort wahr gesprochen —
Er auch hat einen bösen Fall gethan.

ADAM

Auf meine Ehr'

/ er trinkt. /

WALTER

Wenn hier die Sache,
Wie ich fast fürchte, unentworren bleibt,
So werdet ihr, in eurem Ort, den Thäter
Leicht noch aus seiner Wund' entdecken können.
er trinkt.
Niersteiner?

ADAM

Was?

WALTER

Oder guter Oppenheimer?

ADAM

Nierstein. Sieh da! Auf Ehre! Ihr versteht's.
Aus Nierstein, gnäd'ger Herr, als hätt' ich ihn geholt.

WALTER

Ich prüft' ihn, vor drei Jahren, an der Kelter.

ADAM

/ schenkt wieder ein. /

WALTER

— Wie hoch ist euer Fenster — dort! Frau Marthe.

FRAU MARTHE

Mein Fenster?

WALTER

Das Fenster jener Kammer ja,
Worin die Jungfer schläft?

FRAU MARTHE

Die Kammer zwar
Ist nur vom ersten Stock, ein Keller drunter,
Mehr als neun Fuß das Fenster nicht vom Boden;
Jedoch die ganze, wohlerwogene
Gelegenheit sehr ungeschickt zum Springen.
Denn auf zwei Fuß steht von der Wand ein Weinstock,
Der seine knot'gen Äste rankend hin
Durch ein Spalier treibt, längs der ganzen Wand:
Das Fenster selbst ist noch davon umstrickt.
Es würd' ein Eber, ein gewaffneter,
Müh mit den Fängern haben, durchzubrechen.

ADAM

Es hing auch keiner drin.

/ er schenkt sich ein. /

WALTER

Meint ihr?

ADAM

Ach, geht!

/ er trinkt. /

WALTER

/ zu Ruprecht. /

Wie traf er denn den Sünder? Auf den Kopf?

ADAM

Hier.

WALTER

Laßt.

ADAM

Gebt her.

WALTER

S' ist halb noch voll.

ADAM

Wills füllen.

WALTER

Ihr hört's.

ADAM

Ei, für die gute Zahl.

WALTER

Ich bitt' euch.

ADAM

Ach, was! Nach der Pythagoräer-Regel.

/ er schenkt ihm ein. /

WALTER

/ wieder zu Ruprecht. /

Wie oft traf er dem Sünder denn den Kopf?

ADAM

Eins ist der Herr; Zwei ist das finstre Chaos;
Drei ist die Welt. Drei Gläser lob' ich mir.
Im dritten trinkt man mit den Tropfen Sonnen,
Und Firmamente mit den übrigen.

WALTER

Wie oftmals auf den Kopf traf er den Sünder?
Er, Ruprecht, ihn dort frag' ich!

ADAM

Wird man's hören?
Wie oft trafst du den Sündenbock? Na, heraus!
Gott's Blitz, seht, weiß der Kerl wohl selbst, ob er —
Vergaßt du's?

RUPRECHT

Mit der Klinke?

ADAM

Ja, was weiß ich.

WALTER

Vom Fenster, als er nach ihm herunter hieb?

RUPRECHT

Zweimal, ihr Herrn.

ADAM

Hallunke! das behielt er!

/ er trinkt. /

WALTER

Zweimal! Er konnt' ihn mit zwei solchen Hieben
Erschlagen, weiß er —?

RUPRECHT

Hätt' ich ihn erschlagen,
So hätt' ich ihn. Es wär mir grade recht.
Läg' er hier vor mir, todt, so könnt' ich sagen,
Der war's, ihr Herrn, ich hab euch nicht belogen.

ADAM

Ja, todt! Das glaub' ich. Aber so —

/ er schenkt ein. /

WALTER

Konnt' er ihn denn im dunkeln nicht erkennen?

RUPRECHT

Nicht einen Stich, gestrenger Herr. Wie sollt ich?

ADAM

Warum sperrt'st du nicht die Augen auf? — Stoßt an!

RUPRECHT

Die Augen auf! Ich hatt' sie aufgesperrt.
Der Satan warf sie mir voll Sand.

ADAM

/ in den Bart. /

Voll Sand, ja!
Warum sperrt'st du deine großen Augen auf.
— Hier. Was wir lieben, gnäd'ger Herr! Stoßt an!

WALTER

— Was recht und gut und treu ist, Richter Adam!

/ sie trinken. /

ADAM

Nun denn, zum Schluß jetzt, wenns gefällig ist.

/ er schenkt ein. /

WALTER

Ihr seid zuweilen bei Frau Marthe wohl,
Herr Richter Adam. Sagt mir doch,
Wer, außer Ruprecht, geht dort aus und ein.

ADAM

Nicht allzuoft, gestrenger Herr, verzeiht.
Wer aus und eingeht, kann ich euch nicht sagen.

WALTER

Wie? Solltet ihr die Wittwe nicht zuweilen
Von eurem seel'gen Freund besuchen?

ADAM

Nein, in der That, sehr selten nur.

WALTER

Frau Marthe!
Habt ihr's mit Richter Adam hier verdorben?
Er sagt, er spräche nicht mehr bei euch ein?

FRAU MARTHE

Hm! Gnäd'ger Herr, verdorben? Das just nicht.
Ich denk er nennt mein guter Freund sich noch.
Doch daß ich oft in meinem Haus' ihn sähe,
Das vom Herrn Vetter kann ich just nicht rühmen.
Neun Wochen sind's, daß er's zuletzt betrat,
Und auch nur da noch im Vorübergehn.

WALTER

Wie sagt ihr?

FRAU MARTHE

Was?

WALTER

Neun Wochen wären's —?

FRAU MARTHE

Neun,
Ja — Donnerstag sind's zehn. Er bat sich Saamen
Bei mir, von Nelken und Aurikeln aus.

WALTER

Und — Sontags — wenn er auf das Vorwerk geht —?

FRAU MARTHE

Ja, da — da gukt er mir in's Fenster wohl,
Und saget guten Tag zu mir und meiner Tochter;
Doch dann so geht er wieder seiner Wege.

WALTER

/ für sich. /

Hm! Sollt ich auch dem Manne wohl —
er trinkt.
Ich glaubte,
Weil ihr die Jungfer Muhme dort zuweilen
In eurer Wirthschaft braucht, so würdet ihr
Zum Dank die Mutter dann und wann besuchen.

ADAM

Wie so, gestrenger Herr?

WALTER

Wie so? Ihr sagtet,
Die Jungfer helfe euren Hühnern auf,
Die euch im Hof erkranken. Hat sie nicht
Noch heut in dieser Sach' euch Rath ertheilt?

FRAU MARTHE

Ja, allerdings, gestrenger Herr, das thut sie.
Vorgestern schickt' er ihr ein krankes Perlhuhn
Ins Haus, das schon den Tod im Leibe hatte.
Vorm Jahr rettete sie ihm eins vom Pips,
Und dies auch wird sie mit der Nudel heilen:
Jedoch zum Dank ist er noch nicht erschienen.

WALTER

/ verwirrt. /

— Schenkt ein, Herr Richter Adam, seid so gut.
Schenkt gleich mir ein. Wir wollen eins noch trinken.

ADAM

Zu eurem Dienst. Ihr macht mich glücklich. Hier.

/ er schenkt ein. /

WALTER

Auf euer Wohlergehn! — Der Richter Adam,
Er wird früh oder spät schon kommen.

FRAU MARTHE

Meint ihr? Ich zweifle.
Könnt' ich Niersteiner, solchen, wie ihr trinkt,
Und wie mein seel'ger Mann, der Castellan,
Wohl auch, von Zeit zu Zeit, im Keller hatte,
Vorsetzen dem Herrn Vetter, wär's was anders:
Doch so besitz' ich nichts, ich arme Wittwe,
In meinem Hause, das ihn lockt.

WALTER

Um so viel besser.

 

EILFTER AUFTRITT

/ LICHT. FRAU BRIGITTE mit einer Perücke in der Hand. Die MÄGDE. Die VORIGEN. /

LICHT

Hier, Frau Brigitte, herein.

WALTER

Ist das die Frau, Herr Schreiber Licht?

LICHT

Das ist die Frau Brigitte, Ew. Gnaden.

WALTER

Nun denn, so laßt die Sach' uns jetzt beschließen.
Nehmt ab, ihr Mägde. Hier.

/ Die Mägde mit Gläsern u. s. w. ab. /

ADAM

/ während dessen. /

Nun, Evchen, höre,
Dreh du mir deine Pille ordentlich,
Wie sich's gehört, so sprech ich heute Abend
Auf ein Gericht Karauschen bei euch ein.
Dem Luder muß sie ganz jetzt durch die Gurgel,
Ist sie zu groß, so mag's den Tod dran fressen.

WALTER

/ erblickt die Perücke. /

Was bringt uns Frau Brigitte dort für eine Perücke?

LICHT

Gnäd'ger Herr?

WALTER

Was jene Frau uns dort für eine
Perücke bringt?

LICHT

Hm!

WALTER

Was?

LICHT

Verzeiht —

WALTER

Werd ich's erfahren?

LICHT

Wenn Ew. Gnaden gütigst
Die Frau, durch den Herrn Richter fragen wollen,
So wird, wem die Perücke angehört,
Sich, und das Weitre, zweifl' ich nicht ergeben.

WALTER

— Ich will nicht wissen, wem sie angehört.
Wie kam die Frau dazu? Wo fand sie sie?

LICHT

Die Frau fand die Perücke im Spalier
Bei Frau Margrethe Rull. Sie hing gespießt,
Gleich einem Nest, im Kreuzgeflecht des Weinstocks,
Dicht unterm Fenster, wo die Jungfer schläft.

FRAU MARTHE

Was? Bei mir? Im Spalier?

WALTER

/ heimlich. /

Herr Richter Adam,
Habt ihr mir etwas zu vertraun,
So bitt' ich, um die Ehre des Gerichtes,
Ihr seid so gut, und sagt mir's an.

ADAM

Ich euch —?

WALTER

Nicht? Habt ihr nicht —?

ADAM

Auf meine Ehre —

/ er ergreift die Perücke. /

WALTER

Hier die Perücke ist die eure nicht?

ADAM

Hier die Perück' ihr Herren, ist die meine!
Das ist, Blitz-Element, die nemliche,
Die ich dem Burschen vor acht Tagen gab,
Nach Utrecht sie zum Meister Mehl zu bringen.

WALTER

Wem? Was?

LICHT

Dem Ruprecht?

RUPRECHT

Mir?

ADAM

Hab ich ihm, Schlingel,
Als er nach Utrecht vor acht Tagen ging,
Nicht die Perück' hier anvertraut, sie zum
Friseur, daß er sie renoviere, hinzutragen?

RUPRECHT

Ob er —? Nun ja. Er gab mir —

ADAM

Warum hat er
Nicht die Perück', Hallunke, abgegeben?
Warum nicht hat er sie, wie ich befohlen,
Beim Meister in der Werkstatt abgegeben?

RUPRECHT

Warum ich sie —? Gott's, Himmel-Donner — Schlag!
Ich hab' sie in der Werkstatt abgegeben.
Der Meister Mehl nahm sie —

ADAM

Sie abgegeben?
Und jetzt hängt sie im Weinspalier bei Marthens?
O wart, Canaille! So entkommst du nicht.
Dahinter steckt mir von Verkappung was,
Und Meuterei, was weiß ich? — Wollt ihr erlauben,
Daß ich sogleich die Frau nur inquirire?

WALTER

Ihr hättet die Perücke —?

ADAM

Gnäd'ger Herr,
Als jener Bursche dort, vergangnen Dienstag,
Nach Utrecht fuhr mit seines Vaters Ochsen,
Kam er in's Amt, und sprach, Herr Richter Adam,
Habt ihr im Städtlein etwas zu bestellen?
Mein Sohn, sag ich, wenn du so gut willt sein,
So laß mir die Perück' hier auftoupiren —
Nicht aber sagt' ich ihm, geh und bewahre
Sie bei dir auf, verkappe dich darin,
Und laß sie im Spalier bei Marthens hängen.

FRAU BRIGITTE

Ihr Herrn, der Ruprecht, mein' ich, halt zu Gnaden,
Der war's wohl nicht. Denn da ich gestern nacht
Hinaus auf's Vorwerk geh', zu meiner Muhme,
Die schwer im Kindbett liegt, hört' ich die Jungfer
Gedämpft, im Garten hinten jemand schelten:
Wuth scheint und Furcht die Stimme ihr zu rauben.
Pfui, schäm' er sich, er Niederträchtiger,
Was macht er? Fort. Ich werd' die Mutter rufen;
Als ob die Spanier im Lande wären.
Drauf: Eve! durch den Zaun hin: Eve! ruf' ich.
Was hast du? Was auch giebt's? — Und still wird es:
Nun? Wirst du antworten? — Was wollt ihr, Muhme?
Was hast du vor? frag' ich. — Was werd' ich haben.
Ist es der Ruprecht? — „Ei so ja, der Ruprecht.
Geht euren Weg doch nur.“ — So koch dir Thee.
Das liebt sich, denk' ich, wie sich andre zanken.

FRAU MARTHE

Mithin —?

RUPRECHT

Mithin —?

WALTER

Schweigt! Laßt die Frau vollenden.

FRAU BRIGITTE

Da ich vom Vorwerk nun zurückekehre,
Zur Zeit der Mitternacht etwa, und just,
Im Lindengang, bei Marthens Garten bin,
Huscht euch ein Kerl bei mir vorbei, kahlköpfig,
Mit einem Pferdefuß, und hinter ihm
Erstinkt's wie Dampf von Pech und Haar und Schwefel.
Ich sprech' ein Gott sei bei uns aus, und drehe
Entsetzensvoll mich um, und seh', mein Seel',
Die Glatz ihr Herrn im Verschwinden noch,
Wie faules Holz, den Lindengang durchleuchten.

RUPRECHT

Was! Himmel — Tausend —!

FRAU MARTHE

Ist sie toll, Frau Briggy?

RUPRECHT

Der Teufel, meint Sie, wär's —?

LICHT

Still! Still!

FRAU BRIGITTE

Mein Seel!
Ich weiß, was ich gesehen und gerochen.

WALTER

/ ungeduldig. /

Frau, ob's der Teufel war, will ich nicht untersuchen,
Ihn aber, ihn denunciirt man nicht.
Kann sie von einem andern melden, gut:
Doch mit dem Sünder da verschont sie uns.

LICHT

Wollen Ew. Gnaden sie vollenden lassen.

WALTER

Blödsinnig Volk, das!

FRAU BRIGITTE

Gut, wie ihr befehlt.
Doch der Herr Schreiber Licht sind mir ein Zeuge.

WALTER

Wie? Ihr ein Zeuge?

LICHT

Gewissermaßen, ja.

WALTER

Fürwahr, ich weiß nicht —

LICHT

Bitte ganz submiß,
Die Frau in dem Berichte nicht zu stören.
Daß es der Teufel war, behaupt' ich nicht;
Jedoch mit Pferdefuß, und kahler Glatze
Und hinten Dampf, wenn ich nicht sehr mich irre,
Hat's seine völl'ge Richtigkeit! — Fahrt fort!

FRAU BRIGITTE

Da ich nun mit Erstaunen heut vernehme,
Was bei Frau Marthe Rull geschehn, und ich
Den Krugzertrümmrer auszuspioniren,
Der mir zu Nacht begegnet am Spalier,
Den Platz, wo er gesprungen, untersuche,
Find ich im Schnee, ihr Herrn, euch eine Spur —
Was find ich euch für eine Spur im Schnee?
Rechts fein und scharf und nett gekantet immer,
Ein ordentlicher Menschenfuß,
Und links unförmig grobhin eingetölpelt
Ein ungeheurer klotz'ger Pferdefuß.

WALTER

/ ärgerlich. /

Geschwätz, wahnsinniges, verdammenswürd'ges —!

VEIT

Es ist nicht möglich, Frau!

FRAU BRIGITTE

Bei meiner Treu!
Erst am Spalier, da, wo der Sprung geschehen,
Seht, einen weiten, schneezerwühlten Kreis,
Als ob sich eine Sau darin gewälzt;
Und Menschenfuß und Pferdefuß von hier,
Und Menschenfuß und Pferdefuß, und Menschenfuß und Pferdefuß,
Quer durch den Garten, bis in alle Welt.

ADAM

Verflucht! — hat sich der Schelm vielleicht erlaubt,
Verkappt des Teufels Art —?

RUPRECHT

Was! Ich!

LICHT

Schweigt! Schweigt!

FRAU BRIGITTE

Wer einen Dachs sucht, und die Fährt' entdeckt,
Der Waidmann, triumphirt nicht so, als ich.
Herr Schreiber Licht, sag' ich, denn eben seh' ich,
Von Euch geschickt, den Würd'gen zu mir treten,
Herr Schreiber Licht, spart Eure Session,
Den Krugzertrümmerer judicirt ihr nicht,
Der sitzt nicht schlechter euch, als in der Hölle:
Hier ist die Spur die er gegangen ist.

WALTER

So habt ihr selbst euch überzeugt?

LICHT

Ew. Gnaden,
Mit dieser Spur hat's völl'ge Richtigkeit.

WALTER

Ein Pferdefuß?

LICHT

Fuß eines Menschen, bitte,
Doch praeter propter wie ein Pferdehuf.

ADAM

Mein Seel, ihr Herrn, die Sache scheint mir ernsthaft.
Man hat viel beißend abgefaßte Schriften,
Die, daß ein Gott sei, nicht gestehen wollen;
Jedoch den Teufel hat, soviel ich weiß,
Kein Atheist noch bündig wegbewiesen.
Der Fall, der vorliegt, scheint besonderer
Erörtrung werth. Ich trage darauf an,
Bevor wir ein Conclusum fassen,
Im Haag bei der Synode anzufragen,
Ob das Gericht befugt sei, anzunehmen,
Daß Belzebub den Krug zerbrochen hat.

WALTER

Ein Antrag, wie ich ihn von euch erwartet.
Was wohl meint ihr, Herr Schreiber?

LICHT

Ew. Gnaden werden
Nicht die Synode brauchen, um zu urtheil'n.
Vollendet — mit Erlaubniß! — den Bericht,
Ihr Frau Brigitte, dort; so wird der Fall
Aus der Verbindung, hoff' ich, klar constiren.

FRAU BRIGITTE

Hierauf: Herr Schreiber Licht, sag' ich, laßt uns
Die Spur ein wenig doch verfolgen, sehn,
Wohin der Teufel wohl entwischt mag sein.
Gut, sagt er, Frau Brigitt', ein guter Einfall;
Vielleicht gehn wir uns nicht weit um,
Wenn wir zum Herrn Dorfrichter Adam gehn.

WALTER

Nun? Und jetzt fand sich —?

FRAU BRIGITTE

Zuerst jetzt finden wir
Jenseits des Gartens, in dem Lindengange,
Den Platz, wo Schwefeldämpfe von sich lassend,
Der Teufel bei mir angeprellt: ein Kreis,
Wie scheu ein Hund etwa zur Seite weicht,
Wenn sich die Katze prustend vor ihm setzt.

WALTER

Drauf weiter?

FRAU BRIGITTE

Nicht weit davon jetzt steht ein Denkmal seiner,
An einem Baum, daß ich davor erschrecke.

WALTER

Ein Denkmal? Wie?

FRAU BRIGITTE

Wie? ja, da werdet ihr —

ADAM

/ für sich. /

Verflucht mein Unterleib.

LICHT

Vorüber, bitte,
Vorüber hier, ich bitte, Frau Brigitte.

WALTER

Wohin die Spur euch führte, will ich wissen!

FRAU BRIGITTE

Wohin? Mein Treu, den nächsten Weg zu euch,
Just wie Herr Schreiber Licht gesagt.

WALTER

Zu uns? Hierher?

FRAU BRIGITTE

Vom Lindengange, ja,
Auf's Schulzenfeld, den Karpfenteich entlang,
Den Steg, quer über'n Gottesacker dann,
Hier, sag' ich, her, zum Herrn Dorfrichter Adam.

WALTER

Zum Herrn Dorfrichter Adam?

ADAM

Hier zu mir?

FRAU BRIGITTE

Zu euch, ja.

RUPRECHT

Wird doch der Teufel nicht
In dem Gerichtshof wohnen?

FRAU BRIGITTE

Mein Treu, ich weiß nicht,
Ob er in diesem Hause wohnt; doch hier,
Ich bin nicht ehrlich, ist er abgestiegen:
Die Spur geht hinten ein bis an die Schwelle.

ADAM

Sollt' er vielleicht hier durchpassirt —?

FRAU BRIGITTE

Ja, oder durchpassirt. Kann sein. Auch das.
Die Spur vornaus —

WALTER

War eine Spur vornaus?

LICHT

Vornaus, verzeihn Ew. Gnaden, keine Spur.

FRAU BRIGITTE

Ja, vornaus war der Weg zertreten.

ADAM

Zertreten. Durchpassirt. Ich bin ein Schuft.
Der Kerl, paßt auf, hat den Gesetzen hier
Was angehängt. Ich will nicht ehrlich sein,
Wenn es nicht stinkt in der Registratur.
Wenn meine Rechnungen, wie ich nicht zweifle,
Verwirrt befunden werden sollten,
Auf meine Ehr', ich stehe für nichts ein.

WALTER

Ich auch nicht.
für sich.
Hm! Ich weiß nicht, war's der Linke,
War es der Rechte? Seiner Füße Einer —
Herr Richter! Eure Dose! — Seid so gefällig.

ADAM

Die Dose?

WALTER

Die Dose. Gebt! hier!

ADAM

/ zuLicht. /

Bringt dem Herrn Gerichtsrath.

WALTER

Wozu die Umständ'? Einen Schritt gebraucht's.

ADAM

Es ist schon abgemacht. Gebt Sr. Gnaden.

WALTER

Ich hätt euch was ins Ohr gesagt.

ADAM

Vielleicht, daß wir nachher Gelegenheit —

WALTER

Auch gut.
nachdem sich Licht wieder gesetzt.
Sagt doch, ihr Herrn, ist jemand hier im Orte,
Der mißgeschaffne Füße hat?

LICHT

Hm! Allerdings ist jemand hier in Huisum —

WALTER

So? Wer?

LICHT

Wollen Ew. Gnaden den Herrn Richter fragen —

WALTER

Den Herrn Richter Adam?

ADAM

Ich weiß von nichts.
Zehn Jahre bin ich hier im Amt zu Huisum,
So viel ich weiß, ist Alles grad gewachsen.

WALTER

/ zu Licht. /

Nun? Wen hier meint ihr?

FRAU MARTHE

Laß er doch seine Füße draußen!
Was steckt er unter'n Tisch verstört sie hin,
Daß man fast meint, er wär die Spur gegangen.

WALTER

Wer? Der Herr Richter Adam?

ADAM

Ich? Die Spur?
Bin ich der Teufel? Ist das ein Pferdefuß?

/ er zeigt seinen linken Fuß. /

WALTER

Auf meine Ehr'. Der Fuß ist gut.
heimlich
Macht jetzt mit der Session sogleich ein Ende.

ADAM

Ein Fuß, wenn den der Teufel hätt',
So könnt' er auf die Bälle gehn und tanzen.

FRAU MARTHE

Das sag' ich auch. Wo wird der Herr Dorfrichter —

ADAM

Ach, was! Ich!

WALTER

Macht', sag' ich, gleich ein Ende.

FRAU BRIGITTE

Den einz'gen Skrupel nur, ihr würd'gen Herrn,
Macht, dünkt mich, dieser feierliche Schmuck!

ADAM

Was für ein feierlicher —?

FRAU BRIGITTE

Hier, die Perücke!
Wer sah den Teufel je in solcher Tracht?
Ein Bau, gethürmter, strotzender von Talg,
Als eines Domdechanten auf der Kanzel!

ADAM

Wir wissen hier zu Land nur unvollkommen,
Was in der Hölle Mod' ist, Frau Brigitte!
Man sagt, gewöhnlich trägt er eignes Haar.
Doch auf der Erde, bin ich überzeugt,
Wirft er in die Perücke sich, um sich
Den Honoratioren beizumischen.

WALTER

Nichtswürd'ger! Werth, vor allem Volk ihn schmachvoll
Vom Tribunal zu jagen! Was euch schützt,
Ist einzig nur die Ehre des Gerichts.
Schließt eure Session!

ADAM

Ich will nicht hoffen —

WALTER

Ihr hofft jetzt nichts. Ihr zieht euch aus der Sache.

ADAM

Glaubt ihr, ich hätte, ich, der Richter, gestern,
Im Weinstock die Perücke eingebüßt?

WALTER

Behüte Gott! Die eur' ist ja im Feuer,
Wie Sodom und Gomorrha, aufgegangen.

LICHT

Vielmehr — vergebt mir, gnäd'ger Herr! die Katze
Hat gestern in die seinige gejungt.

ADAM

Ihr Herrn, wenn hier der Anschein mich verdammt:
Ihr übereilt euch nicht, bitt' ich. Es gilt
Mir Ehre oder Prostitution.
Solang die Jungfer schweigt, begreif' ich nicht,
Mit welchem Recht ihr mich beschuldiget.
Hier auf dem Richterstuhl von Huisum sitz' ich,
Und lege die Perücke auf den Tisch:
Den, der behauptet, daß sie mein gehört,
Fordr' ich vor's Oberlandgericht in Utrecht.

LICHT

Hm! Die Perücke paßt euch doch, mein Seel,
Als wär auf euren Scheiteln sie gewachsen.

/ er setzt sie ihm auf. /

ADAM

Verläumdung!

LICHT

Nicht?

ADAM

Als Mantel um die Schultern
Mir noch zu weit, wie viel mehr um den Kopf.

/ er besieht sich im Spiegel. /

RUPRECHT

Ei, solch ein Donnerwetter-Kerl!

WALTER

Still, er!

FRAU MARTHE

Ei, solch ein Blitz verfluchter Richter, das!

WALTER

Noch einmal, wollt ihr gleich, soll ich die Sache enden?

ADAM

Ja, was befehlt ihr?

RUPRECHT

/ zu Eve. /

Eve, sprich, ist er's?

WALTER

Was untersteht der Unverschämte sich?

VEIT

Schweig du, sag' ich.

ADAM

Wart, Bestie! Dich fass' ich.

RUPRECHT

Ei, du Blitz-Pferdefuß!

WALTER

Heda! der Büttel!

VEIT

Halt's Maul, sag' ich.

RUPRECHT

Wart! Heute reich' ich dich.
Heut' streust du keinen Sand mir in die Augen.

WALTER

Habt ihr nicht so viel Witz, Herr Richter —?

ADAM

Ja, wenn Ew. Gnaden
Erlauben, fäll ich jetzo die Sentenz.

WALTER

Gut. Thut das. Fällt sie.

ADAM

Die Sache jetzt constirt,
Und Ruprecht dort, der Racker, ist der Thäter.

WALTER

Auch gut das. Weiter.

ADAM

Den Hals erkenn ich
Ins Eisen ihm, und weil er ungebührlich
Sich gegen seinen Richter hat betragen,
Schmeiß ich ihn ins vergitterte Gefängniß.
Wie lange, werd ich noch bestimmen.

EVE

Den Ruprecht —?

RUPRECHT

In's Gefängniß mich?

EVE

In's Eisen?

WALTER

Spart eure Sorgen Kinder. — Seid ihr fertig?

ADAM

Den Krug meinthalb mag er ersetzen, oder nicht.

WALTER

Gut denn. Geschlossen ist die Session.
Und Ruprecht appellirt an die Instanz zu Utrecht.

EVE

Er soll, er, erst nach Utrecht appelliren?

RUPRECHT

Was? Ich —?

WALTER

Zum Henker, ja! Und bis dahin —

EVE

Und bis dahin —?

RUPRECHT

In das Gefängniß gehn?

EVE

Den Hals in's Eisen stecken? Seid ihr auch Richter?
Er dort, der Unverschämte, der dort sitzt,
Er selber war's —

WALTER

Du hörst's, zum Teufel! Schweig!
Ihm bis dahin krümmt sich kein Haar —

EVE

Auf, Ruprecht!
Der Richter Adam hat den Krug zerbrochen!

RUPRECHT

Ei, wart, du!

FRAU MARTHE

Er?

FRAU BRIGITTE

Der dort?

EVE

Er, ja! Auf Ruprecht!
Er war bei deiner Eve gestern!
Auf! Fass' ihn! Schmeiß ihn jetzo, wie du willst.

WALTER

/ steht auf. /

Halt dort! Wer hier Unordnungen —

EVE

Gleichviel!
Das Eisen ist verdient, geh Ruprecht!
Geh schmeiß ihn von dem Tribunal herunter.

ADAM

Verzeiht, ihr Herrn.

/ läuft weg. /

EVE

Hier! Auf!

RUPRECHT

Halt' ihn!

EVE

Geschwind!

ADAM

Was?

RUPRECHT

Blitz-Hinketeufel!

EVE

Hast du ihn?

RUPRECHT

Gotts Schlag und Wetter!
Es ist sein Mantel bloß!

WALTER

Fort! Ruft den Büttel!

RUPRECHT

/ schlägt den Mantel. /

Ratz! Das ist Eins. Und Ratz! Und Ratz! Noch Eins.
Und noch Eins! In Ermangelung des Buckels.

WALTER

Er ungezogner Mensch! — Schafft hier mir Ordnung!
— An ihm, wenn er sogleich nicht ruhig ist,
Ihm wird der Spruch vom Eisen heut noch wahr.

VEIT

Sei ruhig, du vertrackter Schlingel!

 

ZWÖLFTER AUFTRITT

/ Die VORIGEN, ohne ADAM — Sie begeben sich alle in den Vordergrund der Bühne. /

RUPRECHT

Ei, Evchen!
Wie hab' ich heute schändlich dich beleidigt!
Ei Gott's Blitz, alle Wetter; und wie gestern!
Ei, du mein goldnes Mädchen, Herzens-Braut!
Wirst du dein Lebtag mir vergeben können?

EVE

/ wirft sich dem Gerichtsrath zu Füßen. /

Herr! Wenn ihr jetzt nicht helft, sind wir verloren!

WALTER

Verloren? Warum das?

RUPRECHT

Herr Gott! Was giebt's?

EVE

Errettet Ruprecht von der Conscription!
Denn diese Conscription — der Richter Adam
Hat mir's als ein Geheimniß anvertraut,
Geht nach Ostindien; und von dort, ihr wißt,
Kehrt von drei Männern Einer nur zurück!

WALTER

Was! Nach Ostindien! Bist du bei Sinnen?

EVE

Nach Bantam, gnäd'ger Herr; verläugnet's nicht!
Hier ist der Brief, die stille heimliche
Instruction, die Landmiliz betreffend,
Die die Regierung jüngst deshalb erließ:
Ihr seht, ich bin von Allem unterrichtet.

WALTER

/ nimmt den Brief und lies't ihn. /

O unerhört, arglistiger Betrug! —
Der Brief ist falsch!

EVE

Falsch?

WALTER

Falsch, so wahr ich lebe!
Herr Schreiber Licht, sagt selbst, ist das die Ordre,
Die man aus Utrecht jüngst an euch erließ?

LICHT

Die Ordre! Was! Der Sünder, der! Ein Wisch,
Den er mit eignen Händen aufgesetzt! —
Die Truppen, die man anwarb, sind bestimmt
Zum Dienst im Landesinneren; kein Mensch
Denkt dran, sie nach Ostindien zu schicken!

EVE

Nein, nimmermehr, ihr Herrn?

WALTER

Bei meiner Ehre!
Und zum Beweise meines Worts: den Ruprecht,
Wärs so, wie du mir sagst: ich kauf' ihn frei!

EVE

/ steht auf. /

O Himmel! Wie belog der Böswicht mich!
Denn mit der schrecklichen Besorgniß eben
Quält er mein Herz, und kam, zur Zeit der Nacht,
Mir ein Attest für Ruprecht aufzudringen;
Bewies, wie ein erlognes Krankheitszeugniß,
Von allem Kriegsdienst ihn befreien könnte;
Erklärte und versicherte und schlich,
Um es mir auszufert'gen, in mein Zimmer:
So Schändliches, ihr Herren, von mir fordernd,
Daß es kein Mädchenmund wagt auszusprechen!

FRAU BRIGITTE

Ei, der nichtswürdig-schändliche Betrüger!

RUPRECHT

Laß, laß den Pferdehuf, mein süßes Kind!
Sieh, hätt' ein Pferd bei dir den Krug zertrümmert,
Ich wär' so eifersüchtig just, als jetzt!

/ sie küssen sich. /

VEIT

Das sag' ich auch! Küßt und versöhnt und liebt euch;
Und Pfingsten, wenn ihr wollt, mag Hochzeit sein!

LICHT

/ am Fenster. /

Seht, wie der Richter Adam, bitt' ich euch,
Berg auf, Berg ab, als flöh er Rad und Galgen,
Das aufgepflügte Winterfeld durchstampft!

WALTER

Was? Ist das Richter Adam?

LICHT

Allerdings!

MEHRERE

Jetzt kommt er auf die Straße. Seht! seht!
Wie die Perücke ihm den Rücken peitscht!

WALTER

Geschwind, Herr Schreiber, fort! Holt ihn zurück!
Daß er nicht Übel rettend ärger mache.
Von seinem Amt zwar ist er suspendirt,
Und euch bestell' ich, bis auf weitere
Verfügung, hier im Ort es zu verwalten;
Doch sind die Cassen richtig, wie ich hoffe,
Zur Desertion ihn zwingen will ich nicht.
Fort! Thut mir den Gefallen, holt ihn wieder!

 

LETZTER AUFTRITT

/ Die VORIGEN ohne LICHT. /

FRAU MARTHE

Sagt doch, gestrenger Herr, wo find' ich auch
Den Sitz in Utrecht der Regierung?

WALTER

Weshalb, Frau Marthe?

FRAU MARTHE

/ empfindlich. /

Hm! Weshalb? Ich weiß nicht —
Soll hier dem Kruge nicht sein Recht geschehn?

WALTER

Verzeiht mir! Allerdings. Am großen Markt,
Und Dienstag ist und Freitag Session.

FRAU MARTHE

Gut! Auf die Woche stell' ich dort mich ein.

/ Alle ab. /

/ Ende. /

 

VARIANT

 

ZWÖLFTER AUFTRITT

/ Die Vorigen ohne Adam. — Sie bewegen sich alle in den Vordergrund der Bühne. /

RUPRECHT

Ei, Evchen!
Wie hab' ich heute schändlich dich beleidigt!
Ei, Gott's Blitz, alle Wetter, und wie gestern!
Ei, du mein goldnes Mädchen, Herzens-Braut!
Wirst du dein Lebtag mir vergeben können?

EVE

Geh, laß mich sein.

RUPRECHT

Ei, ich verfluchter Schlingel!
Könnt' ich die Hände brauchen, mich zu prügeln.
Nimm, weißt du was? hör: thu mir den Gefallen,
Dein Pätschchen, hol's der Henker, nimm's und ball's,
Und schlage tüchtig Eins mir hinters Ohr.
Willst du's mir thun? Mein Seel, ich bin nicht ruhig.

EVE

Du hör'st. Ich will nichts von dir wissen.

RUPRECHT

Ei, solch ein Tölpel!
Der Lebrecht denk' ich, Schaafsgesicht, und geh.
Mich beim Dorfrichter ehrlich zu beklagen,
Und er, vor dem ich klage, ist es selbst:
Den Hals noch judicirt er mir in's Eisen.

WALTER

Wenn sich die Jungfer gestern gleich der Mutter
Eröffnet hätte züchtiglich, so hätte
Sie dem Gerichte Schand' erspart, und sich
Zweideut'ge Meinungen von ihrer Ehre.

RUPRECHT

Sie schämte sich. Verzeiht ihr, gnäd'ger Herr!
Es war ihr Richter doch, sie mußt' ihn schonen. —
Komm nur jetzt fort zu Haus'. Es wird sich finden.

EVE

Ja, schämen!

RUPRECHT

Gut. So war's was Anderes.
Behalts für dich, was brauchen wir's zu wissen.
Du wirst's schon auf der Flieder-Bank mir Eins,
Wenn von dem Thurm die Vesper geht, erzählen.
Komm, sei nur gut.

WALTER

Was wir's zu wissen brauchen?
So denk' ich nicht. Wenn Jungfer Eve will,
Daß wir an ihre Unschuld glauben sollen:
So wird sie, wie der Krug zerbrochen worden,
Umständlich nach dem Hergang uns berichten.
Ein Wort keck hingeworfen, macht den Richter
In meinem Aug' der Sünd noch gar nicht schuldig.

RUPRECHT

Nun denn, so faß' ein Herz! Du bist ja schuldlos.
Sag's, was er dir gewollt, der Pferdefuß.
Sieh, hätt' ein Pferd bei dir den Krug zertrümmert,
Ich wär' so eifersüchtig just, als jetzt.

EVE

Was hilft's, daß ich jetzt schuldlos mich erzähle?
Unglücklich sind wir beid' auf immerdar.

RUPRECHT

Unglücklich, wir?

WALTER

Warum ihr unglücklich?

RUPRECHT

Was gilt's, da ist die Conscription im Spiele.

EVE

/ wirft sich Waltern zu Füßen. /

Herr, wenn ihr jetzt nicht helft, sind wir verloren!

WALTER

Wenn ich nicht —?

RUPRECHT

Ewiger Gott!

WALTER

Steh auf, mein Kind.

EVE

Nicht eher, Herr, als bis ihr eure Züge,
Die menschlichen, die euch vom Antlitz strahlen,
Wahr macht durch eine That der Menschlichkeit.

WALTER

Mein liebenswerthes Kind! Wenn du mir deine
Unschuldigen bewährst, wie ich nicht zweifle,
Bewähr' ich auch dir meine menschlichen.
Steh auf!

EVE

Ja, Herr, das werd ich.

WALTER

Gut. So sprich.

EVE

Ihr wißt, daß ein Edict jüngst ist erschienen,
Das von je hundert Söhnen jeden Orts
Zehn für dies Frühjahr zu den Waffen ruft,
Der rüstigsten. Denn der Hispanier
Versöhnt sich mit dem Niederländer nicht,
Und die Tyrannenruthe will er wieder
Sich, die zerbrochene, zusammenbinden.
Kriegshaufen sieht man ziehn auf allen Wegen,
Die Flotten rings, die er uns zugesendet,
Von unsrer Staaten Küsten abzuhalten,
Und die Miliz steht auf, die Thor' inzwischen
In den verlaßnen Städten zu besetzen.

WALTER

So ist es.

EVE

Ja, so heißt's, ich weiß.

WALTER

Nun? Weiter?

EVE

Wir eben sitzen, Mutter, Vater, Ruprecht
Und ich, an dem Camin, und halten Rath,
Ob Pfingsten sich, ob Pfingsten übers Jahr,
Die Hochzeit feiern soll: als plötzlich jetzt
Die Commission, die die Rekruten aushebt,
In's Zimmer tritt, und Ruprecht aufnotirt,
Und unsern frohen Streit mit schneidendem
Machtspruch, just da er sich zu Pfingsten neigte,
Für, Gott weiß, welches Pfingstfest nun? — entscheidet.

WALTER

Mein Kind —

EVE

Gut, gut.

WALTER

Das allgemeine Loos.

EVE

Ich weiß.

WALTER

Dem kann sich Ruprecht gar nicht weigern.

RUPRECHT

Ich denk' auch nicht daran.

EVE

Er denkt nicht dran,
Gestrenger Herr, und Gott behüte mich,
Daß ich in seiner Sinnesart ihn störte.
Wohl uns, daß wir was Heil'ges, jeglicher,
Wir freien Niederländer, in der Brust,
Des Streites wert bewahren: so gebe jeder denn
Die Brust auch her, es zu vertheidigen.
Müßt' er dem Feind' im Treffen selbst begegnen,
Ich spräche noch, zieh hin, und Gott mit dir:
Was werd' ich jetzt ihn weigern, da er nur
Die Wälle, die geebneten, in Utrecht,
Vor Knaben soll, und ihren Spielen schützen.
Inzwischen, lieber Herr, ihr zürnt mir nicht —
Wenn ich die Mai'n in unserm Garten rings
Dem Pfingstfest röthlich seh' entgegen knospen,
So kann ich mich der Thränen nicht enthalten:
Denk' ich doch sonst, und thue, wie ich soll.

WALTER

Verhüt' auch Gott, daß ich darum dir zürne.
Sprich weiter.

EVE

Nun schickt die Mutter gestern
Mich in gleichgültigem Geschäft in's Amt,
Zum Richter Adam. Und da ich in das Zimmer trete,
„Gott grüß dich, Evchen! Ei, warum so traurig?”
Spricht er. „Das Köpfchen hängt dir ja wie'n Maienglöckchen!
Ich glaubte fast, du weißt, daß es dir steht.
Der Ruprecht! Gelt? Der Ruprecht!” — Je nun freilich,
Der Ruprecht, sag' ich; wenn der Mensch was liebt,
Muß er schon auch auf Erden etwas leiden.
Drauf er: „du armes Ding! Hm! Was wohl gäbst du,
Wenn ich den Ruprecht dir von der Miliz befreite? ”
Und ich: wenn ihr den Ruprecht mir befreitet?
Ei nun, dafür mögt' ich euch schon was geben.
Wie fingt ihr das wohl an? — „Du Närrchen”, sagt er,
Der Physikus, der kann, und ich kann schreiben,
Verborgne Leibesschäden sieht man nicht,
Und bringt der Ruprecht ein Attest darüber
Zur Commission, so giebt die ihm den Abschied:
Das ist ein Handel, wie um eine Semmel.” —
So, sag ich. — „Ja” — So, so! Nun, laßt's nur sein,
Herr Dorfrichter, sprech' ich. Daß Gott der Herr
Gerad' den Ruprecht mir zur Lust erschaffen,
Mag ich nicht vor der Commission verläugnen.
Des Herzens' innerliche Schäden sieht er,
Und ihn irrt kein Attest vom Physikus.

WALTER

Recht! Brav!

EVE

„Gut”, spricht er. „Wie du willst. So mag
Er seiner Wege gehn. Doch was ich sagen wollte —
Die hundert Gulden, die er kürzlich erbte,
Läßt du dir doch, bevor er geht, verschreiben?” —
Die hundert Gulden, frag' ich? Ei, warum?
Was hat's mir für Gefahr auch mit den Gulden?
Wird er denn weiter, als nach Utrecht gehn? —
„Ob er dir weiter als nach Utrecht geht?
Ja, du gerechter Gott, spricht er, was weiß ich,
Wohin der jetzo geht. Folgt er einmal der Trommel
Die Trommel folgt dem Fähndrich, der dem Hauptmann,
Der Hauptmann folgt dem Obersten, der folgt
Dem General, und der folgt den vereinten Staaten wieder,
Und die vereinten Staaten, hol's der Henker,
Die ziehen in Gedanken weit herum.
Die lassen trommeln, daß die Felle platzen.”

WALTER

Der Schändliche.

EVE

Bewahr mich Gott, sprech' ich,
Ihr habt, als ihr den Ruprecht aufnotirt,
Ja die Bestimmung deutlich ihm verkündigt.
„Ja! Die Bestimmung!” spricht er: „Speck für Mäuse!
Wenn sie die Landmiliz in Utrecht haben,
So klappt die Falle hinten schnappend zu.
Laß du die hundert Gulden dir verschreiben.” —
Ist das gewiß, frag' ich, Herr Richter Adam?
Will man zum Kriegsdienst förmlich sie gebrauchen?
„Ob man zum Kriegsdienst sie gebrauchen will?” —
„Willst du Geheimniß, unverbrüchliches,
Mir angeloben gegen jedermann?”
Ei, Herr Gott, sprech' ich, was auch giebt's, Herr Richter!
Was sieht er so bedenklich? Sag' er's heraus.

WALTER

Nun? Nun? Was wird das werden?

EVE

Was das wird werden?
Herr, jetzo sagt er mir, was ihr wohl wißt,
Daß die Miliz sich einschifft nach Batavia,
Den eingebornen Kön'gen dort, von Bantam,
Von Java, Jakarta, was weiß ich? Raub
Zum Heil der Haager Krämer abzujagen.

WALTER

Was? nach Batavia?

RUPRECHT

Ich, nach Asien?

WALTER

Davon weiß ich kein Wort.

EVE

Gestrenger Herr,
Ich weiß, ihr seid verbunden, so zu reden.

WALTER

Auf meine Pflicht!

EVE

Gut, gut. Auf eure Pflicht.
Und die ist, uns, was wahr ist, zu verbergen.

WALTER

Du hörst's. Wenn ich —

EVE

Ich sah den Brief, verzeiht, den ihr
Aus Utrecht an die Ämter habt erlassen.

WALTER

Welch einen Brief?

EVE

Den Brief, Herr, die geheime
Instruktion, die Landmiliz betreffend,
Und ihre Stellung aus den Dörfern rings.

WALTER

Den hast du?

EVE

Herr, den sah ich.

WALTER

Und darin?

EVE

Stand, daß die Landmiliz, im Wahn, sie sei
Zum innern Friedensdienste nur bestimmt,
Soll hingehalten werden bis zum März:
Im März dann schiffe sie nach Asien ein.

WALTER

Das in dem Brief selbst hättest du gelesen?

EVE

Ich nicht. Ich las es nicht. Ich kann nicht lesen.
Doch er, der Richter, las den Brief mir vor.

WALTER

So. Er, der Richter.

EVE

Ja. Und Wort vor Wort.

WALTER

Gut, gut. Nun weiter.

EVE

Gott im Himmel, ruf' ich,
Das junge Volk, das blüh'nde, nach Batavia!
Das Eiland, das entsetzliche, wovon
Jedweden Schiffes Mannschaft, das ihm naht,
Die eine Hälfte stets die andere begräbt.
Das ist ja keine offen ehrliche
Conscription, das ist Betrug, Herr Richter,
Gestohlen ist dem Land' die schöne Jugend,
Um Pfeffer und Muskaten einzuhandeln.
List gegen List jetzt, schaff' er das Attest
Für Ruprecht mir, und alles geb ich ihm
Zum Dank, was er nur redlich fordern kann.

WALTER

Das machtest du nicht gut.

EVE

List gegen List.

WALTER

Drauf er?

EVE

„Das wird sich finden”, spricht er, „Evchen,
Vom Dank nachher, jetzt gilt es das Attest.
Wann soll der Ruprecht gehn?” — In diesen Tagen.
„Gut,” spricht er, „gut. Es trifft sich eben günstig.
Denn heut noch kommt der Physikus in's Amt;
Da kann ich gleich mein Heil mit ihm versuchen.
Wie lange bleibt der Garten bei dir offen?”
Bei mir der Garten, frag' ich? — „Ja, der Garten.”
Bis gegen zehn, sag' ich. Warum, Herr Richter?
„Vielleicht kann ich den Schein dir heut noch bringen.” —
Er mir den Schein! Ei, wohin denkt er auch?
Ich werd' den Schein mir morgen früh schon holen. —
„Auch gut”, spricht er. „Gleichviel. So holst du ihn.
Glock halb auf neun früh Morgens bin ich auf.”

WALTER

Nun?

EVE

Nun — geh' ich zur Mutter heim, und harre,
Den Kummer, den verschwiegnen, in der Brust,
In meiner Klause, durch den Tag, und harre,
Bis zehn zu Nacht auf Ruprecht, der nicht kömmt.
Und geh verstimmt Glock zehn die Trepp' hinab,
Die Gartenthür zu schließen, und erblicke,
Da ich sie öffn', im Dunkeln fernhin wen,
Der schleichend von den Linden her mir naht.
Und sage: Ruprecht! — „Evchen”, heisert es. —
Wer ist da? frag ich. — „St! Wer wird es sein?” —
Ist er's, Herr Richter? — „Ja, der alte Adam” —

RUPRECHT

Gott's Blitz!

EVE

Er selbst —

RUPRECHT

Gott's Donnerwetter!

EVE

Ist's,
Und kommt, und scherzt, und kneipt mir in die Backen,
Und fragt, ob Mutter schon zu Bette sei.

RUPRECHT

Seht, den Hallunken!

EVE

Drauf ich: Ei, was Herr Richter,
Was will er auch so spät zu Nacht bei mir?
„Je, Närrchen”, spricht er — Dreist heraus, sag' ich;
Was hat er hier Glock zehn bei mir zu suchen?
„Was ich Glock zehn bei dir zu suchen habe?” —
Ich sag', laß er die Hand mir weg! Was will er? —
„Ich glaube wohl, du bist verrückt,” spricht er.
„Warst du nicht heut Glock eilf im Amt bei mir,
Und wolltest ein Attest für Ruprecht haben?”
Ob ich? — Nun ja. — „Nun gut. Das bring ich dir.”
Ich sagt's ihm ja, daß ich's mir holen wollte. —
„Bei meiner Treu! Die ist nicht recht gescheut.
Ich muß Glock fünf Uhr morgen früh verreisen,
Und ungewiß, wann ich zurücke kehre,
Liefr' ich den Schein noch heut ihr in die Hände;
Und sie, nichts fehlt, sie zeigt die Thüre mir;
Sie will den Schein sich morgen bei mir holen.” —
Wenn er verreisen will Glock fünf Uhr morgen —
Davon ja wußt' er heut noch nichts Glock eilf?
„Ich sag's”, spricht er, „die ist nicht recht bei Troste.
Glock zwölf bekam ich heut die Ordre erst.” —
Das ist was Anderes, das wußt' ich nicht.
„Du hörst es ja,” spricht er. — Gut, gut, Herr Richter.
So dank' ich herzlich ihm für seine Mühe.
Verzeih er mir. Wo hat er das Attest?

WALTER

Wißt ihr was von der Ordre?

LICHT

Nicht ein Wort.
Vielmehr bekam er kürzlich noch die Ordre,
Sich nicht von seinem Amte zu entfernen.
Auch habt ihr heut zu Haus' ihn angetroffen.

WALTER

Nun?

EVE

Wenn er log, ihr Herrn, konnt ich's nicht prüfen.
Ich mußte seinem Wort vertraun.

WALTER

Ganz recht.
Du konntest es nicht prüfen. Weiter nur.
Wo ist der Schein, sprachst du?

EVE

„Hier,” sagt er, „Evchen;”
Und zieht ihn vor. „Doch höre,” fährt er fort,
„Du mußt, so wahr ich lebe, mir vorher
Noch sagen, wie der Ruprecht zubenams't?
Heißt er nicht Ruprecht Gimpel?” — Wer? Der Ruprecht?
„Ja. Oder Simpel? Simpel oder Gimpel.”
Ach, Gimpel! Simpel! Tümpel heißt der Ruprecht.
„Gott's Blitz, ja,” spricht er; „Tümpel! Ruprecht Tümpel!
Hab ich, Gott tödt mich, mit dem Wetternamen
Auf meiner Zunge nicht Versteck gespielt!” —
Ich sag', Herr Richter Adam, weiß er nicht —?
„Der Teufel soll mich holen, nein!” spricht er. —
Steht denn der Nam' hier im Attest noch nicht?
„Ob er in dem Attest —?” — Ja, hier im Scheine.
„Ich weiß nicht, wie du heute bist”, spricht er.
„Du hörst's, ich sucht' und fand ihn nicht, als ich
Heut nachmittag bei mir den Schein hier mit
Dem Physikus zusammen fabricirte.”
Das ist ja aber dann kein Schein, sprech' ich.
Das ist, nehm er's mir übel nicht, ein Wisch, das!
Ich brauch' ein ordentlich Attest, Herr Richter. —
„Die ist, mein Seel, heut,” spricht er, „ganz von Sinnen.
Der Schein ist fertig, ge- und unterschrieben,
Datirt, besiegelt auch, und in der Mitte
Ein Platz, so groß just, wie ein Tümpel, offen;
Den füll ich jetzt mit Dinte aus, so ist's
Ein Schein, nach allen Regeln, wie du brauchst.” —
Doch ich: wo will er in der Nacht, Herr Richter,
Hier unterm Birnbaum auch den Platz erfüllen? —
„Gott's Menschenkind auch, unvernünftiges!”
Spricht er; „du hast ja in der Kammer Licht,
Und Dint und Feder führ' ich in der Tasche.
Fort! Zwei Minuten braucht's, so ist's geschehn.

RUPRECHT

Ei, solch ein blitz-verfluchter Kerl!

WALTER

Und darauf gingst du mit ihm in die Kammer?

EVE

Ich sag: Herr Dorfrichter, was das auch für
Anstalten sind! Ich werde jetzt mit ihm,
Da Mutter schläft, in meine Kammer gehn.
Daraus wird nichts, das konnt' er sich wohl denken.
„Gut”, spricht er, „wie du willst. Ich bins zufrieden.
So bleibt die Sach' bis auf ein andermal.
In Tagner drei bis acht bin ich zurück.” —
Herr Gott, sag' ich, er in acht Tagen erst!
Und in drei Tagen geht der Ruprecht schon —

WALTER

Nun, Evchen, kurz —

EVE

Kurz, gnäd'ger Herr —

WALTER

Du gingst —

EVE

Ich ging. Ich führt' ihn in die Kammer ein.

FRAU MARTHE

Ei, Eve! Eve!

EVE

Zürnt nicht!

WALTER

Nun jetzt — weiter?

EVE

Da wir jetzt in der Stube sind — zehnmal
Verwünscht' ich's schon, eh wir sie noch erreicht —
Und ich die Thür behutsam zugedrückt,
Legt er Attest und Dint' und Feder auf den Tisch,
Und rückt den Stuhl herbei sich, wie zum Schreiben.
Ich denke, setzen wird er sich: doch er,
Er geht und schiebt den Riegel vor die Thüre,
Und räuspert sich, und lüftet sich die Weste,
Und nimmt sich die Perücke förmlich ab,
Und hängt, weil der Perückenstock ihm fehlt,
Sie auf den Krug dort, den zum Scheuern ich
Bei mir auf's Wandgesimse hingestellt.
Und da ich frag', was dies auch mir bedeute?
Läßt er am Tisch jetzt auf den Stuhl sich nieder,
Und faßt mich so, bei beiden Händen, seht,
Und sieht mich an.

FRAU MARTHE

Und sieht —?

RUPRECHT

Und sieht dich an —?

EVE

Zwei abgemessene Minuten starr mich an.

FRAU MARTHE

Und spricht —?

RUPRECHT

Spricht nichts —?

EVE

Er, Niederträcht'ger, sag' ich,
Da er jetzt spricht; was denkt er auch von mir?
Und stoß' ihm, vor die Brust daß er euch taumelt —
Und: Jesus Christus! ruf ich: Ruprecht kömmt!
— Denn an der Thür ihn draußen hör' ich donnern.

RUPRECHT

Ei, sieh! da kam ich recht.

EVE

„Verflucht!” spricht er,
„Ich bin verrathen!” — und springt, den Schein ergreifend,
Und Dint' und Feder, zu dem Fenster hin.
„Du!” sagt er jetzt, „sei klug!” — und öffnet es.
„Den Schein holst du dir morgen bei mir ab.
Sagst du ein Wort, so nehm ich ihn, und reiß' ihn,
Und mit ihm deines Lebens Glück, entzwei.”

RUPRECHT

Die Bestie!

EVE

Und tappt sich auf die Hütsche,
Und auf den Stuhl, und steigt auf's Fensterbrett,
Und untersucht, ob er wohl springen mag.
Und wendet sich, und beugt sich zum Gesimse,
Wo die Perück' hängt, die er noch vergaß.
Und greift und reißt vom Kruge sie, und reißt
Von dem Gesims den Krug herab:
Der stürzt; er springt; und Ruprecht kracht ins Zimmer.

RUPRECHT

Gott's Schlag und Wetter!

EVE

Jetzt will, ich jetzt will reden,
Gott der Allwissende bezeugt es mir!
Doch dieser — schnaubend fliegt er euch durch's Zimmer,
Und stößt —

RUPRECHT

Verflucht!

EVE

Mir vor die Brust —

RUPRECHT

Mein Evchen!

EVE

Ich taumle sinnlos nach dem Bette hin.

VEIT

Verdammter Hitzkopf, du!

EVE

Jetzt steh' ich noch,
Goldgrün, wie Flammen rings, umspielt es mich,
Und wank', und halt' am Bette mich; da stürzt
Der von dem Fenster schmetternd schon herab;
Ich denk', er steht im Leben nicht mehr auf.
Ich ruf: Heiland der Welt! und spring' und neige
Mich über ihn, und nehm' ihn in die Arme,
Und sage: Ruprecht! Lieber Mensch! Was fehlt dir?
Doch er —

RUPRECHT

Fluch mir!

EVE

Er wüthet —

RUPRECHT

Traf ich dich?

EVE

Ich weiche mit Entsetzen aus.

FRAU MARTHE

Der Grobian!

RUPRECHT

Daß mir der Fuß erlahmte!

FRAU MARTHE

Nach ihr zu stoßen!

EVE

Jetzt erscheint die Mutter,
Und stutzt, und hebt die Lamp' und fällt ergrimmt,
Da sie den Krug in Scherben sieht, den Ruprecht
Als den unzweifelhaften Thäter an.
Er, wutvoll steht er, sprachlos da, will sich
Vertheidigen: doch Nachbar Ralf fällt ihn,
Vom Schein getäuscht, und Nachbar Hinz ihn an,
Und Muhme Sus' und Lies' und Frau Brigitte,
Die das Geräusch zusammt herbeigezogen,
Sie Alle, taub, sie schmähen ihn und schimpfen,
Und sehen großen Auges auf mich ein,
Da er mit Flüchen, schäumenden, betheuert,
Daß nicht er, daß ein Andrer das Geschirr,
Der eben nur entwichen sei, zerschlagen.

RUPRECHT

Verwünscht! Daß ich nicht schwieg! Ein Anderer!
Mein liebes Evchen!

EVE

Die Mutter stellt sich vor mich,
Blaß, ihre Lippe zuckt, sie stemmt die Arme.
„Ists,” fragt sie, „ists ein Anderer gewesen?”
Und: Joseph, sag' ich, und Maria, Mutter;
Was denkt ihr auch? — „Und was noch fragt ihr sie,”
Schreit Muhme Sus' und Liese: „Ruprecht war's!”
Und alle schrein: „Der Schändliche! Der Lügner!”
Und ich — ich schwieg, ihr Herrn; ich log, ich weiß,
Doch log ich anders nicht, ich schwör's, als schweigend.

RUPRECHT

Mein Seel, sie sprach kein Wort, das muß ich sagen.

FRAU MARTHE

Sie sprach nicht, nein, sie nickte mit dem Kopf bloß,
Wenn man sie, obs der Ruprecht war, befragte.

RUPRECHT

Ja, nicken. Gut.

EVE

Ich nickte? Mutter!

RUPRECHT

Nicht?
Auch gut.

EVE

Wann hätt' ich —?

FRAU MARTHE

Nun? Du hättest nicht,
Als Muhme Suse vor dir stand, und fragte:
Nicht, Evchen, Ruprecht war es? ja genickt?

EVE

Wie? Mutter? Wirklich? Nickt' ich? Seht —

RUPRECHT

Beim Schnauben,
Beim Schnauben, Evchen! Laß die Sache gut sein.
Du hieltst das Tuch, und schneutztest heftig drein;
Mein Seel, es schien, als ob du'n bissel nicktest.

EVE

/ verwirrt. /

Es muß unmerklich nur gewesen sein.

FRAU MARTHE

Es war zum Merken just genug.

WALTER

Zum Schluß jetzt —?

EVE

Nun war auch heut am Morgen noch mein erster
Gedanke, Ruprecht alles zu vertraun.
Denn weiß er nur der Lüge wahren Grund,
Was gilt's, denk ich, so lügt er selbst noch mit,
Und sagt, nun ja, den irdnen Krug zerschlug ich;
Und dann so kriegt' ich auch wohl noch den Schein.
Doch Mutter, da ich in das Zimmer trete,
Die hält den Krug schon wieder, und befiehlt,
Sogleich zum Vater Tümpel ihr zu folgen;
Dort fordert sie den Ruprecht vor Gericht.
Vergebens, daß ich um Gehör ihn bitte,
Wenn ich ihm nah, so schmäht und schimpft er mich,
Und wendet sich, und will nichts von mir wissen.

RUPRECHT

Vergieb mir.

WALTER

Nun laß dir sagen, liebes Kind,
Wie zu so viel, stets tadelnswerthen, Schritten —
— Ich sage tadelnswerth, wenn sie auch gleich
Verzeihlich sind — dich ein gemeiner, grober
Betrug verführt.

EVE

So? Wirklich?

WALTER

Die Miliz
Wird nach Batavia nicht eingeschifft:
Sie bleibt, bleibt in der That bei uns, in Holland.

EVE

Gut, gut, gut. Denn der Richter log; nicht wahr?
So oft: und *also* log er gestern mir.
Der Brief, den ich gesehen, war verfälscht;
Er las mir's aus dem Stegreif nur so vor.

WALTER

Ja, ich versichr' es dich.

EVE

O gnäd'ger Herr! —
O Gott! Wie könnt ihr mir das thun? O sagt —

WALTER

Herr Schreiber Licht! Wie lautete der Brief?
Ihr müßt ihn kennen.

LICHT

Ganz unverfänglich.
Wie's überall bekannt ist. Die Miliz
Bleibt in dem Land, 's ist eine *Land*miliz.

EVE

O Ruprecht! O mein Leben! Nun ist's aus.

RUPRECHT

Evchen! Hast du dich wohl auch überzeugt?
Besinne dich!

EVE

Ob ich —? Du wirst's erfahren.

RUPRECHT

Stand's wirklich so —?

EVE

Du hörst es, Alles, Alles;
Auch dies, daß sie uns täuschen sollen, Freund.

WALTER

Wenn ich mein Wort dir gebe —

EVE

O gnäd'ger Herr!

RUPRECHT

Wahr ist's, es war das erstemal wohl nicht —

EVE

Schweig! S' ist umsonst —

WALTER

Das erstemal wär's nicht?

RUPRECHT

Vor sieben Jahren soll was Ähnliches
Im Land geschehen sein —

WALTER

Wenn die Regierung
Ihn hinterginge, wär's das erstemal.
So oft sie Truppen noch nach Asien schickte,
Hat sie's den Truppen noch gewagt zu sagen.
Er geht —

EVE

Du gehst. Komm.

WALTER

Wo er hinbeordert;
In Utrecht wird er merken, daß er bleibt.

EVE

Du gehst nach Utrecht. Komm. Da wirst du's merken.
Komm, folg'. Es sind die letzten Abschiedsstunden,
Die die Regierung uns zum Weinen läßt;
Die wird der Herr uns nicht verbittern wollen.

WALTER

Sieh da! So arm dein Busen an Vertrauen?

EVE

O Gott! Gott! Daß ich jetzt nicht schwieg.

WALTER

Dir glaubt' ich Wort vor Wort, was du mir sagtest;
Ich fürchte fast, daß ich mich übereilt.

EVE

Ich glaub' euch ja, ihr hört's, so wie ihr's meint.
Komm fort.

WALTER

Bleib. Mein Versprechen will ich lösen.
Du hast mir deines Angesichtes Züge
Bewährt, ich will die meinen dir bewähren;
Müßt ich auf andere Art dir den Beweis
Auch führen, als du mir. Nimm diesen Beutel.

EVE

Ich soll —

WALTER

Den Beutel hier mit zwanzig Gulden!
Mit so viel Geld kaufst du den Ruprecht los.

EVE

Wie? Damit —?

WALTER

Ja, befreist du ganz vom Dienst ihn.
Doch so. Schifft die Miliz nach Asien ein,
So ist der Beutel ein Geschenk, ist dein.
Bleibt sie im Land', wie ich's vorher dir sagte,
So trägst du deines bösen Mißtrauns Strafe,
Und zahlst, wie billig, Beutel, samt Intressen,
Vom Hundert vier, terminlich mir zurück.

EVE

Wie, gnäd'ger Herr? Wenn die —

WALTER

Die Sach ist klar.

EVE

Wenn die Miliz nach Asien sich einschifft,
So ist der Beutel ein Geschenk, ist mein.
Bleibt sie im Land, wie ihrs vorher mir sagtet,
So soll ich bösen Mißtrauns Straf' erdulden,
Und Beutel, samt, wie billig, Interessen —

/ Sie sieht Ruprecht an. /

RUPRECHT

Pfui! S' ist nicht wahr! Es ist kein wahres Wort!

WALTER

Was ist nicht wahr?

EVE

Da nehmt ihn! Nehmt ihn! Nehmt ihn!

WALTER

Wie?

EVE

Nehmt, ich bitt' euch, gnäd'ger Herr, nehmt, nehmt ihn!

WALTER

Den Beutel?

EVE

O Herr Gott!

WALTER

Das Geld? Warum das?
Vollwichtig neugeprägte Gulden sind's.
Sieh her, das Antlitz hier des Spanierkönigs:
Meinst du, daß dich der König wird betrügen?

EVE

O lieber, guter, edler Herr, verzeiht mir.
— O der verwünschte Richter!

RUPRECHT

Ei, der Schurke!

WALTER

So glaubst du jetzt, daß ich dir Wahrheit gab?

EVE

Ob ihr mir Wahrheit gabt? O scharfgeprägte,
Und Gottes leuchtend Antlitz drauf. O Himmel!
Daß ich nicht solche Münze mehr erkenne!

WALTER

Hör', jetzt geb' ich dir einen Kuß. Darf ich?

RUPRECHT

Und einen tüchtigen. So. Das ist brav.

WALTER

Du also gehst nach Utrecht?

RUPRECHT

Nach Utrecht geh' ich,
Und steh ein Jahrlang auf den Wällen Schildwach,
Und wenn ich das gethan, u. s. w…. ist Eve mein!

GRUPA MEDIA INFORMACYJNE & ADAM NAWARA

 
 
 
 
19 - 11.01.2017          
  Biblioteka GMI

Witamy w Wirtualnej Bibliotece GMI, którą otwieramy z myślą o wszystkich polskich uczelniach, instytutach naukowych, uczonych i studentach, czytających. Już teraz możemy zagwarantować powszechny bezpłatny dostęp do najważniejszych publikacji naukowych, pisarskich na świecie.

   
Fot. GMI
        Czytaj >
 
   
   
 
18          
  Biblioteka GMI

Witamy w Wirtualnej Bibliotece GMI, którą otwieramy z myślą o wszystkich polskich uczelniach, instytutach naukowych, uczonych i studentach, czytających. Już teraz możemy zagwarantować powszechny bezpłatny dostęp do najważniejszych publikacji naukowych, pisarskich na świecie.

   
Fot. GMI
        Czytaj >
 
   
   
 
17          
  Biblioteka GMI

Witamy w Wirtualnej Bibliotece GMI, którą otwieramy z myślą o wszystkich polskich uczelniach, instytutach naukowych, uczonych i studentach, czytających. Już teraz możemy zagwarantować powszechny bezpłatny dostęp do najważniejszych publikacji naukowych, pisarskich na świecie.

   
Fot. GMI
        Czytaj >
 
 
 
 
 
 
 
FACEBOOK YOUTUBE TWITTER GOOGLE + DRUKUJ  
 
       
       
 
 
Oferty promowane              
 
   
 
                   
         
 

Najlepsza rozrywka z TV Media Informacyjne

           
Filmy różne   Filmy reklamowe   Filmy informacyjne   Filmy sportowe   Filmy przyrodnicze
       
                 
Filmy muzyczne   Filmy dla dzieci   Filmy kulturalne   Filmy motoryzacyjne   Filmy edukacyjne
       
             
© 2010 Adam Nawara 2010            
   
 
   
   
   
     
    Korzystanie z portalu oznacza akceptację Regulaminu Copyright: Grupa Media Informacyjne 2010-2012 Wszystkie prawa zastrzeżone.